Die äusseren Umstände für die nächste Saison am Theater Basel waren eigentlich unwirtlich: Ob der Umbau auf der grossen Bühne rechtzeitig fertig sei, war unklar. Es war eine Zitterpartie, die sich gelohnt hat. Kulturpolitisch wehte dem Theater eine kühle Bise entgegen. Doch letztes Wochenende schien dies alles vergessen. Die Devise hiess: Auftakt! Jetzt! Mit voller Kraft!
Den Start machte die Oper auf der grossen Bühne. Die selten gespielte russische Chor-Oper «Chowanschitschina» schob alle Befürchtungen, in Basel würde es bald nur noch modernes Musiktheater geben, mit einer fulminanten Geste zur Seite.
Die Hausregisseure überzeugen
Schlag auf Schlag folgten dann die ersten beiden Schauspielpremieren: Der Hausregisseur Simon Stone machte im Schauspielhaus aus «Engel in Amerika» von Tony Kushner einen modernen Klassiker und führte das Stück in einer fünfstündigen Marathoninszenierung ins Heute.
Julia Hölscher (auch sie eine der vier Hausregisseurinnen, die das Schauspiel in den nächsten Jahren prägen sollen) brachte als Abschluss des Premierenreigens einen Tag später auf der Kleinen Bühne den Roman «Schlafgänger» von Dorothee Elminger als vielstimmige Collage auf die Bühne.
Ein starkes Ensemble präsentiert sich
Was die beiden Inszenierungen verbindet: Wir sehen fantastische Schauspieler und Schauspielerinnen, die gerade in ihrer Spiellust vielversprechend sind. Und zwar als Ensemble. Hier wird kein Theater gespielt, dass in Haupt- und Nebenrollen aufgeteilt ist und bei dem die Einen nur als Steigbügelhalter oder Stichwortgeberinnen für die Anderen auftreten. Gespielt wird auf Augenhöhe, die Ensembleleistung ist wichtiger als das eigene Solo, das ist ein Statement.
Sonst sind die gezeigten Ästhetiken so unterschiedlich wie die Stoffe, mit denen sie sich beschäftigen. «Engel in Amerika» präsentiert sich als theatrales Epos im Cinemascope-Format. «Schlafgänger» entwickelt einen Sog aus seiner musikalisch, assoziativen Herangehensweise.
Theater Basel bald wieder vorne mit dabei?
Gerade die Breite, das Panorama an unterschiedlichen Ansätzen und Geschichten, ist ein Versprechen für die Zukunft des Theater Basel. Und wenn dieses – wie bei den Eröffnungsinszenierungen – mit Ernsthaftigkeit und Spiellust eingelöst wird, wird es nur eine Frage der Zeit sein, bis das grösste Dreispartenhaus der Schweiz sich auch über die Region hinaus wieder einen Rampenplatz erspielt.
Für die nächsten Wochen gilt: Nach den Premieren ist vor den Premieren. Am Freitag geht es in die zweite Runde. Dann stellen sich mit Nora Schlocker und Thom Luz die anderen beiden Hausregisseure und mit ihnen der Rest des neuen Ensembles vor.