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Simon Stone blickt in die Kamera, den Kopf aufgestützt auf die rechte Hand. Er trägt eine braune Lederjacke.
Legende: Stone sei ein «hysterisch bejubelter Flachkopf», meinte ein Kritiker. Stones Erfolg straft diese Meinung Lügen. Getty Images

Bühne Simon Stone: Radikale Modernisierung lautet sein Rezept

Simon Stone ist zurzeit einer der gefragtesten Theaterregisseure Europas. Seine Inszenierungen werden bejubelt und mit Preisen überhäuft. Zum zweiten Mal erhielt er vor wenigen Tagen den renommierten österreichischen Nestroy-Theaterpreis. Er hat ein Geheimrezept.

Eine Probe mit Simon Stone ist eine heitere Sache. Am lautesten lacht der Regisseur. Die Stimmung ist entspannt, der Übergang zwischen privater Plauderei und Probe fliessend. Und genau so soll es sein.

In Stones Stücken reden die Schauspieler konsequent eine heutige Sprache, scheinbar banal und alltäglich. Auch wenn es um Tschechows «Drei Schwestern» geht, ein Stück, das vor gut 100 Jahren geschrieben wurde.

Stone inszeniert Tschechow

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«Drei Schwestern» , Schauspiel von Simon Stone nach Anton Tschechow. Die Premiere findet am Samstag, 10. Dezember, im Schauspielhaus Basel statt.

«Eine zeitgemässe Sprache bedeutet nicht, dass die Probleme einer Figur weniger existenziell sind», sagt Stone. «Die Geschichten, die Konflikte und Instinkte haben sich überhaupt nicht geändert. Aber: Man spricht nicht mehr so.» Und so dichtet er sich die alten Stücke in die Gegenwart. Er überschreibt sie, versucht die klassischen Stoffe zu durchdringen und in die Moderne zu tragen.

Skypetherapie und Fernsehserien im Theater

Das iPad übernimmt die Funktion des Klaviers. Die Figuren lassen sich über Skype therapieren und sind der einen oder anderen Fernsehserie verfallen. Diese scheinbare Oberflächlichkeit verleitete Kritiker dazu Stone als «hysterisch bejubelten Flachkopf» zu bezeichnen.

Die radikale Modernisierung hat für ihn jedoch System: Der Zuschauer soll sich direkt gespiegelt sehen und so einen emotionalen Zugang zu der Geschichte finden. Er soll ein Erlebnis haben.

Und es funktioniert. Der Sogwirkung seiner Stücke kann sich das Publikum nur schwer entziehen. Es ist begeistert.

Ein Australier erobert Europa

Stone ist in Basel geboren. Seine Eltern, australische Wissenschaftler, arbeiteten in der Pharmaindustrie. Als er sieben war, zogen sie weiter nach Cambridge, später zurück nach Australien. Dort liess er sich zum Schauspieler ausbilden und entdeckte bald die Regie.

Längst hat er sich in Australien in der Theater- und Filmszene einen Namen gemacht. Seit drei Jahren erobert er nun auch die europäischen Theaterhäuser mit Furore. Da kommt einer aus Australien, schlägt quer ein und macht alles richtig.

Der Nerv der Zeit

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Seine Inszenierungen sind unterhaltsam, kommen mit einer Leichtigkeit daher und transportieren doch das Gefühl und die Stimmung der jeweiligen Zeit.

Das Werk an sich behandelt der Regisseur mit grossem Respekt, versucht Übersetzungen zu finden. So versöhnt er das Klassische mit dem Modernen auf seine ganz eigene Weise. Damit trifft er gleichermassen den Nerv der Zeit, des Publikums und den der alten Stücke.

Stone tigert durch den Proberaum. Ein Theatertier, das nimmt, was da ist. Die Schauspieler sind seine wesentlichste Inspirationsquelle. Er weiss, was er will und lässt es entstehen. «Entspannt ist es eigentlich immer in den Proben mit Stone», sagen die Schauspieler. Es kommt auch mal ein Kater dazu, wenn am Vorabend gefeiert wurde. Das passiert öfters.

Denn schon wieder hat eine seiner Inszenierungen einen Preis geholt, den österreichischen Nestroy-Theaterpreis für «Engel in Amerika» als beste deutschsprachige Aufführung. Eine Auszeichnung mehr für Simon Stone. Eine Bestätigung mehr, dass er Theater macht, das ausstrahlt und ankommt.

Sendung: SRF 1, Kulturplatz, 16.11.2016, 22:25 Uhr.

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