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Eine der letzten ihrer Art Hut ab vor der Hutmacherin

Caroline Buchs ist eine der wenigen Hutmacherinnen, die von ihrem Beruf leben kann. Dank des Theaters, wo das seltene Handwerk noch benötigt wird.

Ihre Liebe zum Hutmachen entdeckte Caroline Buchs zufällig. «Während der Ausbildung zur Theaterschneiderin habe ich an einem Hut-Workshop teilgenommen», erzählt die 52-jährige Bernerin.

«Ich habe mir ein kompliziertes Modell ausgedacht, eine Art asymmetrischen Toque – einen randlosen Damenhut – aus orangem Filz mit einem grünen Hörnchen dran.» Ein hochgestecktes Ziel, das sie jedoch nach einer Woche umgesetzt habe.

Die Hüterin der Hüte

Danach war ihr klar: Dieses Kunsthandwerk will sie als Beruf ergreifen. Heute arbeitet sie im Hut-Atelier der Bühnen Bern. Dessen Räumlichkeiten befinden sich neben der Theaterschneiderei. Sie sind voller Schränke, gefüllt mit Perlen, Pailletten, Strohblumen und Filzen. Auf den Regalen stehen Holzformen, auf den Tischen angefangene Arbeiten für die verschiedenen Produktionen.

Atelierbesuch bei Caroline Buchs

Hier steht auch eine Industrie-Nähmaschine, mit der die Hutmacherin schwere Lagen Stoff federleicht zusammennähen kann. Das Herzstück ist ein Dampfgerät, eine Maschine, die heissen Wasserdampf produziert.

Buchs füllt den grossen Behälter mit Wasser und stellt die Maschine an. Innert kürzester Zeit stösst diese Dampf aus, als schnaube ein kleiner Drache. «Damit befeuchte ich den Filz. Wenn er gleichmässig durchfeuchtet ist, lässt er sich besser in Form ziehen.»

Kleine militärgrüne Dampfmaschine stösst Dampf aus
Legende: Mithilfe dieser Dampfmaschine befeuchtet die Hutmacherin den Filz. Noëmi Gradwohl

Die Hutmacherin arbeitet bei den Bühnen Bern in einem 60-Prozent-Pensum, ihre Kollegin zu 30 Prozent. Die beiden haben Glück, denn Stellen sind dünn gesät. Wegen der veränderten Mode sind Hüte und Mützen kaum noch gefragt. Zudem sind die benötigten Materialien rar. Oft verlangen sie in der Fertigung nach Handwerk, das kaum noch praktiziert wird.

High Fashion als Alternative

Kommt hinzu, dass die Konkurrenz aus den asiatischen Billigproduktionsländern riesig ist: «Die Leute sind sich heute günstige Sachen gewohnt und kaufen lieber ein Baseball-Cap für 15 Franken. Der effektive Aufwand ist jedoch um ein Vielfaches teurer.»

Würde Caroline Buchs nicht im Theater arbeiten, würde sich der High-Fashion-Sektor als Arbeitsfeld anbieten. Da könnte sie sich als Hutmacherin selbständig machen. Allerdings gibt es für hochpreisige Hüte nur wenig Kundschaft.

Hüte trägt man heute bei exklusiven Gelegenheiten, etwa beim Pferderennen im englischen Ascot. Mode-Designerinnen und -Designer arbeiten ebenfalls mit Hutmacherinnen und Hutmachern zusammen.

Elegante Frau mit Hut und eleganter Mann mit Zylinder
Legende: Mut zum Hut: Catherine, die Princess of Wales, und ihr Mann Prinz William, der britische Kronprinz, zeigen im Sommer 2022 beim Pferderennen in Ascot ihre kunstvollen Kopfbedeckungen. Getty Images/Chris Jackson

Der Brite Philipp Treacy ist wohl der bekannteste: Er hat etwa Hüte für die legendären Kollektionen des britischen Mode-Designers Alexander McQueen gemacht. Noch immer beliefert er die britischen Royals.

Kultur auf dem Kopf

Als Caroline Buchs Mitte der 1990er-Jahre am renommierten Fashion Institute of Technology in New York den Beruf der Hutmacherin erlernte, waren ihr die Schwierigkeiten kaum bewusst. «In New York trug man damals viele Hüte. Zum Beispiel in Harlem bei Gospelkonzerten», erzählt sie. «In den Wintern war es zudem eisig kalt und viele trugen Mützen oder extravagante Kopfbedeckungen.»

Nach der Ausbildung hat ihre Mutter sie auf eine Stelle im damaligen Stadttheater Bern aufmerksam gemacht. Seither filzt die Hutmacherin verwegenen Kopfputz, näht ganze Unterwasserwelten an Mützen oder erfindet Kragenkappen für Schauspiel, Oper und Ballett.

Ihre Tätigkeit als Hutmacherin macht klar: Das Theater dient dem Kulturerhalt nicht nur auf der Bühne, sondern auch in seinen Werkstätten.

Radio SRF 2 Kultur, Kontext, 9.12.2022, 09:03.

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