Seit mehr als der Hälfte ihres Lebens steht Lisa Christ schon auf Bühnen. Nachdem sie 2007 mit 16 Jahren in den Poetry-Slam «gestolpert» war, gewann sie bereits 2011 die Schweizer U20-Slam-Meisterschaft.
Schon bald schaffte Christ es auch an internationalen Wettbewerben in die Finalrunden. Sie erhielt zahlreiche Förderpreise und Stipendien und landete spätestens 2018 auch auf dem Schirm der Comedy-Szene, als sie das Oltner Kabarett-Casting gewann.
Seither sind zwei Bühnenprogramme, ein Buch und zahlreiche SRF-«Zytlupen» aus ihrer Feder entstanden. Nun wird die Liste von Christs Auszeichnungen noch ergänzt um den wichtigsten deutschsprachigen Kabarettpreis: den Salzburger Stier 2025.
Das Politische des Privaten
Lisa Christ geht in ihren Bühnentexten häufig vom ganz Persönlichen aus. In ihrem aktuellen Programm «LOVE*» bringt sie ein Liebesgedicht mit, das sie selbst mit 14 Jahren geschrieben hat. Es endet mit den abgeklärten Zeilen «Du atmest für mich / doch das weisst du nicht / Du liebst nur dich / und das weiss ich».
Von da aus ergründet sie, wie das Konstrukt «Beziehung» funktioniert, welche scheinbaren Absurditäten sich darum herum auftun und landet ziemlich schnell mitten in einem handfesten gesellschaftspolitischen Problemfeld: der sozialen Ungleichheit von Mann und Frau.
«Einer aktuellen Studie zufolge sind unverheiratete, kinderlose Frauen die glücklichste Bevölkerungsgruppe – sie leben auch länger als verheiratete Frauen mit Kind», erzählt sie auf der Bühne. Dagegen verdienten verheiratete Männer mehr und lebten auch etwas länger. Sie resümiert: «Klar. Irgendwo muss die abgezapfte Energie der Frauen ja hinfliessen!»
Soziale Ungerechtigkeiten treiben Lisa Christ um. Sei es auf der Bühne, sei es als Thema für den feministischen Podcast «Faust und Kupfer» mit Miriam Suter, sei es als Ansporn für Engagement beim Verein SLAM ALPHAS, der FLINTA-Personen in der Slam-Szene fördert.
Wo andere Comedians aufwändige, ausgeschmückte Geschichten dichten, kommt Lisa Christ direkt auf den Punkt: Männer haben zu viel Macht, zu viele Privilegien und denken zu wenig darüber nach. Das ist definitiv kein Wohlfühlkabarett, was man dem teilweise betretenen Grinsen der Männer im Publikum schnell anmerkt.
Ihre Stärke ist die Verletzlichkeit
Und doch geht ihr Programm weit über plumpe Belehrung hinaus, weil sie auch sich selbst stets mitmeint, wenn sie darüber wettert, wie sehr wir noch in alten Rollenbildern feststecken: «Das Schlimmste ist nämlich, dass sich Frauen immer noch die ganze Zeit in solche Männer verlieben – ich inklusive!», schimpft sie, während sie demonstrativ die Bühne aufräumt, abstaubt und Vorhänge zurechtzupft.
Solche feinen, ironischen Brüche zeichnen Lisa Christs Arbeit aus. Indem sie ihre Pointen auch auf sich selbst zurückspiegelt, ist sie auf der Bühne verletzlicher als sie auf den ersten Blick scheinen mag. Lisa Christ doziert nicht als Allwissende von oben herab, sondern erkennt sich auch selbst als Teil der Missstände an, die sie beobachtet.
Sie zeigt, wie die grossen gesellschaftlichen Fragen beim Leben jeder einzelnen Person anfangen. Sie zeigt, dass man sich ihnen nicht entziehen kann und dass entsprechend auch die Arbeit daran im Privaten beginnen sollte. Mit Lisa Christ gewinnt eine scharfzüngige, politisch profilierte und engagierte Satirikerin den Salzburger Stier für die Schweiz.
Bissiger Spass im satirischen Wochenrückblick. In der satirischen Radio-Kolumne «Zytlupe» analysieren starke Stimmen die Hochs und Tiefs der Politwoche: ungefiltert und ungeniert unkorrekt.
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