Seine Liebe zum Theater entdeckt Werner Düggelin am Schauspielhaus Zürich, wo er mit 19 Jahren als Beleuchter zu arbeiten beginnt. Der Funke zündet sofort. Aber nicht bei den Scheinwerfern oben will er sein, sondern unten – als Regisseur.
Eitelkeit ist ihm ein Gräuel
Eitelkeit ist dem gebürtigen Innerschweizer aus Siebnen (SZ) ein Gräuel. So sehr, dass er einst den mittlerweile verstorbenen deutschen Schauspieler Will Quadflieg kurzerhand in den Schatten rückte, wie er in einer Sendung von SRF aus dem Jahr 1997 erzählte:
«Mich hat die Eitelkeit [von Will Quadflieg] krank gemacht. Dann kam die Premiere. Und immer wenn der Quadflieg auftrat, habe ich meine Scheinwerfer vom Quadflieg weggenommen.» Diese Eigenmächtigkeit kostet Düggelin nicht etwa den Job, sondern er erhält umgehend eine Stelle als Regieassistent.
Paris: Tag und Nacht Theater
Mit 21 Jahren geht «Dügg», wie er kurz genannt wird, nach Paris und besucht die Theaterschule des berühmten Brechtschülers Roger Blin.
Danach gründet er seine eigene Compagnie in der Pariser Vorstadt – «Tag und Nacht nur Theater», wie er sich später an diese Zeit erinnert. Eine wichtige, aber auch finanziell prekäre Zeit. Zu Essen gabs lediglich Haferflocken, Milch und Schokoladenpulver.
Eine neue Welt erschaffen
Doch bereits sechs Jahre danach inszeniert Werner Düggelin am Wiener Burgtheater. Sein Weg hat ihn von Paris nach Darmstadt geführt, wo seine Pariser Erfahrungen gefragt waren. Über Berlin, München und Wien kommt «Dügg» zurück nach Zürich.
1968 folgt der Ruf nach Basel, Düggelin ist gerade mal 39 Jahre alt. Es gelingt ihm, aus dem Dreispartenhaus – damals eine Provinzbühne – ein Haus zu machen, das international Massstäbe für zeitgenössisches Theater setzt.
«Als ich in Paris war, wollten alle eine neue Welt erschaffen. Die träumten von einer neuen Welt ohne Krieg. Man hatte Träume. Darum gab es auch so viele Dramatiker in Paris. 1968 ist etwas ganz Ähnliches passiert in Basel. Da wollte man auch wieder Neues, von etwas Besserem träumen», erinnert sich Düggelin in einer SRF Sendung von 1997.
Den Künstlerinnen und Künstlern verpflichtet
Düggelin war ein engagierter Chef, der sich gewissen Gepflogenheiten des Theaterbetriebs auch widersetzt. Und als Regisseur verpflichtete er sich stets voll und ganz den Künstlerinnen und Künstlern – «Ich brauche diese enge Beziehung», sagte er. «Das hat viel mit gegenseitigem Vertrauen zu tun. Sonst interessiert mich dieser Job nicht.»
Werner Düggelin war aber auch ein politischer Direktor, öffnete die Türen seines Theaters für ein Rockkonzert und hatte ein gutes Gespür für die richtigen Menschen, die sich in seinem Umfeld entwickeln konnten.
Autodidakt und Lausbub
Er war glühender Fussballfan und seine Begeisterungsfähigkeit – im Stadion wie am Regiepult – sind legendär. Wie auch sein konzessionsloser Wille, immer nur das zu tun, was ihm Spass machte – «und zwar nur das. Und alle, manchmal auch unangenehme Folgen davon, zu akzeptieren.»
Werner Düggelin war der wohl letzte lebende Altmeister der Regie – ein Autodidakt und Lausbub, der mit seinem künstlerischen Credo «Clarté et Simplicité» die Theaterlandschaft nicht nur der Schweiz und viele Generationen von Bühnenkünstlern und -künstlerinnen bereichert und geprägt hat.
Düggelin starb in der Nacht auf heute in Basel.