«The Apprentice» führt uns unsere eigene Faszination für das Phänomen Donald Trump vor Augen. Der Film des in Dänemark lebenden Iraners Ali Abbasi manipuliert gewissermasseen unsere Empathie, um dann doch noch zuzuschlagen.
Der Film zeigt einen sehr jungen und unsicheren Trump, mit dessen Situation man – widerwillig – ein wenig sympathisiert. Gerade so stark, dass der Gedanke aufkommen könnte, man müsse sich demnächst dagegen wehren. Genau dafür liefert Abbasi dann aber eine Art umgekehrten Exorzismus und malt den Teufel genüsslich an die (Lein-)Wand.
Abbasis Werk ist eine Filmbiografie von Trumps jungen Jahren in den 1970er- und 1980er-Jahren, als dieser sein Immobiliengeschäft in New York ausbaut. Der aufstrebende Geschäftsmann wird als skrupelloses Monster dargestellt. Gegen diese Darstellung drohte der frühere US-amerikanische Präsident Medienberichten zufolge mit rechtlichen Schritten.
Es drohte eine Klage
In einer Szene des Films vergewaltigt Trump seine Ex-Frau Ivana. In einer anderen ist zu sehen, wie er eine Fettabsaugung durchführen lässt. «Wir werden eine Klage einreichen, um gegen die eklatant falschen Behauptungen dieser angeblichen Filmemacher vorzugehen», sagte Trump-Sprecher Steven Cheung Ende Mai dem Branchen-Magazin «Variety».
«Dieser Müll ist reine Fiktion, die Lügen aufbauscht, die längst entlarvt sind». Es handele sich um eine Einmischung der Hollywood-Elite in den Wahlkampf, die verhindern wolle, dass Trump ins Weisse Haus zurückkehre.
Grundregeln der Kunst des Verhandelns
Alli Abbasi und sein Drehbuchautor Gabriel Sherman beschäftigen sich vor allem mit der Frage, wie Donald Trump zu Donald Trump wurde. Dafür sind laut Film vor allem zwei Männer verantwortlich: Donalds Vater Fred, der Baulöwe, und Roy Cohn, Anwalt und Strippenzieher.
Eigentlich erfahren wir in «The Apprentice» kaum etwas über Trumps Biografie, was nicht schon länger spekulativ oder gesichert zusammengetragen wurde. Das hat natürlich ebenso viel mit Trumps Eigenlegende zu tun und mit der unglaublichen medialen Aufmerksamkeit, die er sich «erbulldozert» hat.
Trumps drei Grundregeln, wie «The Apprentice» vermittelt und die sich auch in seinem Buch «The Art of the Deal» wiederfinden, waren die Basislektionen, die ihm sein Anwalt Roy Cohn eingehämmert hat. 1. Immer in die Offensive gehen: «Attack, attack, attack.» 2. Es gibt keine Wahrheit: «Deny, deny, deny.» 3. Akzeptiere keine Niederlage, verkaufe sie grundsätzlich als Sieg.
Das alles passt zu dem, was Analysen und Zeugenaussagen bereits erklärt haben: Der Film untermauert episodenhaft die Entwicklung des unsicheren jungen Mannes zum Mega-Narzissten.
Fehlende Nuancen
Was der Film allerdings vermissen lässt, sind Zwischentöne. Er präsentiert Trump als Kippbild zwischen dem vortrumpschen Stadium und volltrumpschen Ornat. Dabei gäben diese Bewegungen mehr her, wenn die zentrale Figur etwas mehr Introspektion zeigen würde.
Andererseits setzt Regisseur Abbasi mit diesem Film sein «Culture-Hopping» fort, von «Gräns» in Schweden (einem in jeder Hinsicht grenzüberschreitenden Nordic Noir voller mysteriöser Gestalten, die durch die Wälder trollen), geht's in die USA im Jahre der Präsidentschaftswahlen.
Dieser Filmemacher hat offensichtlich einen Expansionsdrang. Oder er beherrscht einfach «The Art of the Deal» im globalen Filmbusiness.
Kinostart: 17.10.2024