Im Tagesrhythmus muss der Flügel in der grossen Pariser Wohnung an einen anderen Ort geschoben und gezerrt werden – stoisch erledigt Butler Feruccio (Pierfrancesco Favino) die launischen Wünsche seiner Chefin. Dabei hat Maria Callas schon vor Jahren mit dem Singen aufgehört, das Klavier dient nur noch als Erinnerungsaltar für den verstorbenen Aristoteles Onassis (Haluk Bilginer).
«Maria» erzählt die letzte Woche im Leben der Operndiva im Jahr 1977, gespickt mit Rückblenden, Opernauftritten und Momenten mit Aristoteles Onassis, mit dem sie neun Jahre zusammen war, bevor er Jackie Kennedy heiratete.
Verbitterte Maria Callas
Aus der Operndiva ist eine einsame, tablettensüchtige und halluzinierende Frau geworden, die sich in ihrer altmodischen Pariser Wohnung nur noch mit ihren zwei Angestellten, dem väterlichen und untertänigen Feruccio und der stillen Haushälterin Rosa (Alice Rohrwacher), ihren zwei Pudeln und mit Geistern umgibt.
Der tote Onassis, erzählt sie Rosa beim Frühstück, sei letzte Nacht wieder in ihr Schlafzimmer gekommen. Das Reporterteam, dem sie ihr Leben erzählen will – wie sie dem skeptischen Feruccio erklärt –, existiert auch nur in ihrer Fantasie.
Der imaginäre Interviewer fragt sie als erstes «Soll ich Sie Maria nennen oder La Callas?». Aus der Diva ist längst eine einsame und verbitterte Frau geworden, die nicht mehr singen kann – obwohl sie es täglich versucht: mit einem Pianisten, der immer noch an ihr Comeback glaubt oder zumindest so tut.
Tragische Karriere
Ansonsten flüchtet sich Maria, die eben doch gerne noch La Callas sein möchte, in Cafés, in denen sie erkannt und bewundert werden möchte. Der Einzige, der sie anspricht, ist ein Mann, der Karten für ein abgesagtes Konzert hatte. «Sie haben mein Herz gebrochen», sagt er zu ihr.
Ein Wutausbruch der einstigen Diva ist die Folge. Die Szene spielt auf die tragisch verlaufene Karriere der Sängerin an, die zuletzt geprägt war von Ausfällen, Absagen und von böser Presse und wütendem Publikum.
Fast alles aus dem bewegten Leben der grossen Sängerin in Larraíns Porträt ist leider nur kurz angetippt. Ihn interessiert einzig diese späte, zerbrochene Callas im Kammerspiel mit ihren Bediensteten und ihren Geistern.
Jolie ist dabei wirklich gut in ihrer Rolle. Sie singt manchmal sogar selbst, in den späten Szenen, als Callas Stimme so gebrochen ist wie der Rest von ihr. Schnell wird dann überblendet mit Aufnahmen der echten Stimme. Denn ein Film über Callas ohne ihre einzigartige Stimme ist unmöglich, das weiss auch Larraín.
Verliebt in ikonisches Setting
Trotzdem – «Maria» kommt der griechischen Sängerin nicht wirklich nah, zu träg und zäh ist die Inszenierung, zu verliebt in ikonisches Setting sind die Bilder. Das Paris ausserhalb der Wohnung Marias besteht nur aus Eiffelturm, Palais Royal und Place Vendôme.
Von allen drei Frauenporträts, die Larraín gedreht hat ist «Maria» das Schwächste. Ob das nun der Abschluss einer Trilogie ist oder ob ein Viertes folgt, ist nicht bekannt.
Dass allerdings Marilyn Monroes «Happy Birthday Mister President» im Film vorkommt – Callas war mit Onassis bei dieser Geburtstagsfeier – könnte ein Hinweis auf sein nächstes Filmporträt einer ikonischen, aber unglücklichen Frau sein.