Nach der Oscar-Nacht gibt es nur ein Thema: Will Smiths Ohrfeige. Wie kam es dazu? Es war der Aufreger des Abends: Schauspieler Will Smith hat dem Comedian Chris Rock auf offener Bühne eine Ohrfeige verpasst. Für einen eher geschmacklosen Witz über die Glatze seiner Frau Jada Pinkett Smith.
Vor einem globalen Millionenpublikum sei das schon eine Sache, sagt SRF-Filmredaktor Michael Sennhauser. In seiner Dankesrede für den Oscar, den er dann später gewonnen hat, hat sich Will Smith tatsächlich entschuldigt: bei der Academy, beim Publikum, allerdings nicht bei Chris Rock.
Hat der Vorfall die Oscars überschattet? Es mag zynisch klingen, aber: «Für die Oscar Show ist es ein Glücksfall», sagt Sennhauser. Die Show leidet seit Jahren an Zuschauer-Schwund. Und mehr Live-Drama als eine Ohrfeige auf der Bühne geht gar nicht. «Das wird legendär. Und es wird wahrscheinlich noch tagelang gerätselt, ob das echt war oder inszeniert», sagt Sennhauser.
Insgesamt sei die Oscar-Verleihung dieses Mal weniger langweilig gewesen – mit der Ohrfeige von Will Smith sei vielleicht tatsächlich ein neues Kapitel aufgemacht worden. «Man kann davon ausgehen, dass nächstes Jahr wahrscheinlich wieder ein paar Leute mehr zuschauen», resümiert Sennhauser den Abend.
Gab es weitere Überraschungen? Ja, einige: Der grosse Favorit «The Power of the Dog» ging trotz zwölf Nomination fast leer aus und hat bloss einen einzigen Oscar bekommen: Der Preis in der Kategorie «Beste Regie» ging an Jane Campion.
Auch der Schweizer Kandidat ging leer aus. Der Kurzfilm «Ala Kachuu – Take and Run» von Maria Brendle hat keine Auszeichnung gewonnen. Dieser Preis ging stattdessen an das Rassismus-Drama «The Long Goodbye» mit dem Schauspieler und Rapper Riz Ahmed.
Welcher Film hat am meisten goldene Preise abgeräumt? Das Science-Fiction Drama «Dune» von Denis Villeneuve. Es hat sechs goldene Trophäen gewonnen, allerdings in kleineren Kategorien. Der Überraschungssieger ist als bester Film definitiv das Feelgood-Movie «Coda». Daneben gewann der Film auch in den Kategorien bester Nebendarsteller und bestes, adaptiertes Drehbuch.
Was ist sonst geblieben nach den Oscar-Verleihung? Im Vorfeld hiess es: Die Oscar Show werde gestrafft, um für das Fernsehpublikum wieder attraktiver zu werden. Aus den versprochenen drei Stunden wurden schlussendlich allerdings vier – inklusive Werbepausen. «Werbepausen wirken im Zeitalter der Streamingdienste schon ein bisschen paradox», sagt Michael Sennhauser
Insgesamt verlief der Abend – abgesehen von der Ohrfeige – wieder nach «business as usual», nachdem die letzten beide Male die Gala mehr oder weniger ausgefallen ist. Dieses Jahr gab es gleich drei Gastgeberinnen: Wanda Sykes, Amy Schumer und Regina Hall.
Und die nahmen sich die Golden Globes zum Vorbild. «Es war mehr Selbstironie zu spüren, mehr Witz», sagt Sennhauser. Der erste grosse Witz der Frauen war, dass selbst drei Frauen immer noch billiger seien als ein Mann. «Ein bisschen Selbstironie in Sachen Hollywood eben», so Sennhauser.
War der Krieg in der Ukraine auch Thema? Der Ernst der Weltlage wurde nur ein einziges Mal erwähnt: Francis Ford Coppola hat während seines Tributes für 50 Jahre «Godfather»-Filme die Ukraine erwähnt. Sonst sei die Welt da draussen nicht in diese Oscar Show eingedrungen, so Sennhauser.