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Zum 75. Geburtstag von Pedro Almodovar
Aus Kultur Webvideos vom 25.09.2024.
Bild: IMAGO / Everett Collection abspielen. Laufzeit 5 Minuten 37 Sekunden.

Der Picasso des Kinos Leiser, aber lebendig: Frauenversteher Pedro Almodóvar wird 75

Almodóvars überkandidelte Tragikomödien zeigen Situationen, in denen sich Frauen wiederfinden. Denn er bietet seinen Heldinnen die gesamte Spannweite dessen, was Weiblichkeit sein kann. Seine Frauenfiguren, oft Mütter, Töchter, Freundinnen, sind unabhängig und widerstandsfähig. Meist stecken sie in einer Krise, sind am Rande eines Nervenzusammenbruchs.

Und doch kämpfen sie weiter. In sinnlichen Melodramen, die trotz schwerer Themen Lebensfreude versprühen: bunt, schrill und leidenschaftlich. Pedro Almodóvar gilt als der Mann mit dem weiblichen Blick – und das ist auch gut so. Zum 75. Geburtstag schauen wir uns drei seiner Meisterwerke genauer an.

1. «Frauen am Rande des Nervenzusammenbruchs»

Frau wird von zwei Uniformierten festgehalten.
Legende: Surreal und umwerfend komisch: Die Frauen, am Rande des Nervenzusammenbruchs, geraten auch mit der Polizei aneinander. IMAGO / United Archives

«Mujeres al borde de un ataque de nervios» von 1988 war die Tragikomödie, die Pedro Almodóvar international bekannt machte und ihm eine Nomination für den Oscar und den Golden Globe einbrachte. Eine schräge, skurrile und doch zutiefst menschliche Farce.

Die Schauspielerin Pepa wird von ihrem Lover, dem chauvinistischen Ivan, verlassen. Sie versucht, über die schmerzhafte Trennung hinwegzukommen, wartet aber sehnsüchtig auf einen Anruf ihres Geliebten. Vergeblich. Sie versinkt in Verzweiflung.

Gruppe von Menschen in bunter Kleidung auf einer Party.
Legende: Kult: Mit der schrillen Komödie «Mujeres al borde de un ataque de nervios» gelang Almodóvar 1988 der internationale Durchbruch. Imago/Everett Collection

Doch dann überschlagen sich die Ereignisse und katapultieren sie zurück in ein freudvolles Dasein. Ohne Mann, aber schwanger. Ein Kult-Filmerlebnis: surreal, überdreht und umwerfend komisch.

2. «Alles über meine Mutter»

Mehrere Personen sitzen an einem Tisch und basteln.
Legende: Die Lage ist eigentlich ernst, der Ton jedoch leicht. Solidarische Frauen stehen im Mittelpunkt von Pedro Almodóvars Film. IMAGO / United Archives

2000 gewann der Spanier mit «Todo sobre mi madre» den Golden Globe und seinen ersten Oscar. Nach dem tragischen Unfalltod ihres Sohnes macht sich Manuela auf die Suche nach dessen Vater, der in Barcelona als trans Frau und Prostituierte Lola lebt.

Manuela taucht ein ins Milieu der Drogenabhängigen und Prostituierten: eine Welt voller Gewalt und Elend, aber auch voller Freundschaft und Solidarität. Almodóvar zeigt sich hier als Virtuose des Spiels mit den Geschlechtern.

Drei Personen posieren mit einem Oscar.
Legende: Die Tragikomödie «Toto sobre mi madre» brachte dem spanischen Meisterregisseur 2000 seinen ersten Oscar ein – überreicht von seinen Lieblingen Penélope Cruz und Antonio Banderas. Imago/Sipa USA Collection

Das Screwball-Drama, wie es der Regisseur selber nennt, hinterfragt Geschlechterrollen, bricht Tabus, und zelebriert Sex – zumindest in den Dialogen.

Im Vergleich zu seinen früheren Werken ist das Drama leiser, unspektakulärer inszeniert. Almodóvar idealisiert hier weibliche Solidarität. Und bleibt laut seiner Muse und spanischen Hauptdarstellerin Penélope Cruz doch nah an der Realität: «Ich sehe mich um und das Leben ist mit diesem Film vergleichbar.» Ein Filmschatz zum Weinen und Lachen.

3. «Das Zimmer nebenan»

Person am Computer, zweite Person umarmt und küsst die Wange der ersten Person.
Legende: Die Oscarpreisträgerinnen Tilda Swinton und Julianne Moore beeindrucken im Euthanasie-Drama «The Room Next Door». IMAGO / Landmark Media

Mit Almodóvars erstem englischsprachigen Spielfilm bricht eine nüchterne, kühlere und dunklere Ära an. «The Room Next Door» kommt für einmal ohne spanische Schauspielerinnen aus. Die Schottin Tilda Swinton und die Amerikanerin Julianne Moore spielen die ehemals besten Freundinnen Martha und Ingrid.

Als sie sich nach Jahren wiedersehen, hat Martha Krebs im Endstadium und möchte ihrem Leben autonom ein Ende setzen. Sie bittet ihre Freundin um den anspruchsvollen Gefallen, sie in den Tod zu begleiten – im Raum nebenan.

Mann mit weissem Haar hält eine goldene Skulptur.
Legende: Arthouse-Altmeister Almodóvar gewann dieses Jahr für das Beziehungsdrama «The Room Next Door» den Goldenen Löwen von Venedig. Imago/UPi Photo

Die Geschichte erzählt aber nicht nur von Schmerz, sondern auch vom Leben, von Freundschaft, Empathie und Eigenständigkeit. Und von der Akzeptanz des Sterbens. Wichtig auch für den Meisterregisseur, der dieses Jahr 75 Jahre alt wird: «Ich denke, dass jeder Tag, der vorbeizieht, ein Tag weniger ist, den ich noch zu leben habe.  Und ich würde so gerne denken, dass es ein Tag mehr ist, den ich erlebt habe.»

Dieses almodóvarsche Alterswerk ist nicht schreiend und schrill, dafür leise und feinfühlig. Und überrascht einmal mehr mit einer bewegenden Frauenfreundschaft.

«Carne trémula – Mit Haut und Haar» – Melodrama mit Javier Bardem
Aus Film vom 25.09.2024.

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