Gleich zu Filmbeginn wird der Endlagerexperte Charles McCombie gefragt, ob er Angst vor dem Aussterben der Atomindustrie habe. Ja, sagt McCombie, die habe er.
«Die Reise zum sichersten Ort der Welt» ist eine Dokumentation über den problematischen Umgang mit Atommüll weltweit – und ein Stück Schweizer Wissenschaftsgeschichte. Der 68-jährige Nuklearphysiker Charles McCombie führt Regisseur Edgar Hagen nicht nur in die entlegensten Winkel der Erde, sondern auch auf Spurensuche nach einer Schweizer Lösung, die es bis heute nicht gibt.
Sohn des Atoms
Charles McCombie ist mit dem Atom gross geworden. Der Schotte wurde 1945 in Aberdeen geboren, im selben Jahr, als die ersten Atombomben auf Hiroshima und Nagasaki fielen. Seit 35 Jahren beschäftigt sich McCombie mit den Folgen der zivilen Atomenergie: Wiederaufbereitungsanlagen wie das britische Sellafield hatten in den Siebzigerjahren begonnen, strahlende Abfälle in ihre Herkunftsländer zurückzuschicken.
Seither wird der Atommüll weltweit zwischengelagert. 1978 betraute die Nationale Genossenschaft für die Lagerung radioaktiver Abfälle (Nagra) McCombie mit der Aufgabe, ein Endlagerprogramm für hochradioaktiven Abfall in der Schweiz zu entwickeln. Das Nagra-Projekt «Gewähr» sollte auch über die Zukunft der heimischen Atomindustrie entscheiden. Doch es kam anders.
Der Granit der Alpen erwies sich als ungenügender Schutz gegen radioaktive Strahlung, die Atomkraftwerke blieben dennoch am Netz. McCombie, der den Beweis für die Machbarkeit eines Endlagers weder in der Schweiz noch anderswo erbracht hat, initiiert heute von Baden aus multinationale Projekte in Europa, Afrika, Asien und Südamerika.
Wegschauen gilt nicht
Der Basler Filmemacher Edgar Hagen legt es in «Die Reise zum sichersten Ort der Welt» nicht darauf an, den Physiker mit seinem unerschütterlichen Glauben an die Notwendigkeit der Atomindustrie zu dämonisieren.
Immerhin verdrängt McCombie das Problem nicht. Aber die Fakten und Bilder, die der Film zusammenträgt, sprechen für sich: In den USA etwa werden Endlager auf Erdölfeldern geplant oder in unmittelbarer Nähe von Vulkanen. Und natürlich würde es niemand erstaunen, wenn das erste Endlager überhaupt in einem Land entstünde, das unseren Sicherheits-Standards noch weniger entspricht: in China.
Doch das ist kein Grund für Häme oder gar Erleichterung. Der Film führt aus der weiten Welt immer wieder zurück in die gemütliche Schweiz, zu bröseligen Gipsgruben und seichten Baggerseen. Keine geeigneten Orte für Endlager, vermutlich, und direkt unter unseren Füssen.