Wenn der Papst stirbt, muss möglichst rasch ein neuer her. Doch ganz so fix geht das gewöhnlich nicht. Zumal die Wahl eines Papstes – das sogenannte Konklave – ein komplizierter Vorgang ist, der seit 750 Jahren komplett von der Aussenwelt isoliert abzulaufen hat.
Das geheimnisvolle Prozedere hinter den verschlossenen Türen der Sixtinischen Kapelle weckt sogar die Neugierde derer, die sich im Grunde nicht für die katholische Kirche interessieren. Statt draussen auf den weissen Rauch zu warten, welcher der Welt die Wahl des neuen Papstes signalisiert, würde man gerne drinnen Mäuschen spielen.
Von guten Hirten und schwarzen Schafen
Edward Bergers Romanverfilmung «Conclave» macht dies nun möglich, freilich in stark verdichteter Form. Der Regisseur des vierfach Oscar-gekrönten Kriegsdramas «Im Westen nichts Neues» nutzt seine künstlerische Freiheit, um das Maximum an Spannung herauszuholen.
Ob so viel Zuspitzung im Zusammenhang mit dem Vatikan überhaupt nötig gewesen wäre, darüber lässt sich streiten. Schliesslich bietet die Bestimmung des «rechtmässigen Vertreters Christi auf Erden» durchs häufig uneinige Kardinalskollegium per se reichlich Zündstoff. Doch unterhaltsam ist das hochkarätig besetzte Ränkespiel um den Heiligen Stuhl alleweil.
Der von Ralph Fiennes mit unvergleichlicher Noblesse verkörperte Dekan Thomas Lawrence hat die undankbare Aufgabe, die Papstwahl zu leiten. Undankbar deshalb, weil der devote Primus inter Pares dabei gegen einen Strom machthungriger Kandidaten schwimmen muss und dadurch selbst zum Geheimfavoriten aufsteigt.
Teuflische Versuchung oder Gottes Wille?
«Ihre eigenen Ambitionen sind nicht unbemerkt geblieben», entgegnet diesem ein missgünstiger Mitbewerber (John Lithgow) an prominenter Stelle. Was direkt zu dessen ketzerischen Frage führt, ob es dem so selbstlos wirkenden Dekan «wirklich so sehr widerstrebt, den begehrten Kelch entgegenzunehmen».
«Kein vernünftiger Mensch will auf den Papststuhl», sagt ein anderer Kandidat (Stanley Tucci) einmal treffend, doch «die gefährlichen Männer sind die, die es doch wollen». Hauptfigur Lawrence teilt diese Ansicht – mit Abstrichen. Denn insgeheim ist ihm bewusst, dass er das höchste Amt niemals ablehnen würde, wenn damit «Gottes Wille geschehe». Weshalb er sich vorsorglich schon mal einen Papstnamen überlegt und irgendwann sogar seinen eigenen Namen auf den Wahlzettel schreibt.
Da alle Anwärter eine Zweidrittelmehrheit brauchten, um gewählt zu werden, ist lange unklar, wohin die Reise geht. Ob erzkonservativer Italiener (Sergio Castellitto) oder homophober Afrikaner (Lucian Msamati) – alles scheint möglich. Zumal es in der Sixtinischen Kapelle nicht nur diverse Sprengkandidaten gibt, sondern – als Startschuss für den finalen Akt – sogar eine reale Explosion.
Knalliger Deus ex Machina
Entschlusskraft und Einigkeit sind nun gefragt. «Sie werden niemals einen Kandidaten finden, der nicht irgendwo eine Leiche im Keller hat», wirft ein ungeduldiger Glaubensbruder dem unschlüssigen Dekan entgegen. Mehr zu verraten, wäre mit Blick auf die vermeintlich unergründlichen Wege des Plots beinahe blasphemisch.
«Conclave» widersteht dem falschen Reiz, den Vatikan in die Pfanne zu hauen und scheut doch nicht davor zurück, selbst das Undenkbare durchzudeklinieren. Das ist nicht unbedingt erhellend, aber überraschend geistreich.
Kinostart: 28.11.2024