«Print the legend», hiess es im Western «The Man Who Shot Liberty Valance» (1962): Manchmal ist es klüger, die Legende zu verbreiten.
Robbie Williams kam früh zu dieser Erkenntnis: Womöglich angestachelt von der lockeren Faktentreue der britischen Boulevardpresse inszeniert er bis heute sein Leben als Entertainment.
Nach den Büchern der Film
Nach zwei autorisierten Buchbiografien kommt nun ein Biopic in die Kinos, und die Werbung hat es den Fans nicht vorenthalten: Robbie Williams (verkörpert vom Nordengländer Jonno Davies) tritt darin durchs Band als animierter Affe auf.
Die Idee stammt von Regisseur Michael Gracey («The Greatest Showman»), der sie wie folgt begründet: «Robbie bezeichnet sich gern als einen ‹performing monkey›, als einen dressierten Affen». Damit war die Idee geboren.
Weshalb ein Affe?
Der Griff zum Gimmick macht auf mehreren Ebenen Sinn. Erstens: Der Werdegang des dauermediatisierten Williams ist von den Medien bereits auserzählt. Ohne den Kniff mit der Affenfigur hätten sich die Filmschaffenden schwergetan, viel Neues oder Überraschendes einzuflechten.
Grund Nummer zwei ist ein Abgrenzungsversuch vom Elton-John-Biopic «Rocketman» (2019), an dessen Entstehung Gracey ebenfalls beteiligt war.
Die Plots sind quasi identisch: Junger Musiker steigt kometenhaft auf, zofft sich mit Labels und Managern, verliert die Kontrolle im Umgang mit Suchtmitteln und kehrt später als geläuterte Person zurück.
Eine gute Schnapsidee
«Better Man» probiert’s mit der Affennummer, und das funktioniert überraschend gut: Die Gesichtsausdrücke und Bewegungskünste der Kreatur sind vielfältig, mit ihren lebendigen Augen findet sie den Draht zum Publikum. Weil immer viel los ist, vergisst man bisweilen, dass man grundsätzlich einer Schnapsidee mit über zwei Stunden Spieldauer aufsitzt.
Der Trick mit dem Affen hilft dabei nicht zuletzt, die Übung viel selbstironischer aussehen zu lassen, als sie es tatsächlich ist. Egal, ob sich das Drehbuch in narzisstische, kitschige oder peinliche Gefilde vorwagt – das behaarte Tier sorgt für die notwendige Distanz und den bizarren Kick.
Der Auftrag: Unterhaltung
Der einfachste Grund jedoch, warum «Better Man» gut funktioniert und auch ein interessiertes Publikum jenseits des Robbie-Williams-Fanclubs ansprechen dürfte, ist woanders zu verorten: Der Film nimmt seinen Entertainment-Auftrag ausgesprochen ernst und hält, was er verspricht: Spektakel und Gefühle.
Spektakulär sind die aufwändigen Tanz- und Musiknummern: Eine davon artet gar aus in ein Gemetzel, in dem der Affe Williams einige seiner ebenfalls affengesichtigen Dämonen zur Strecke bringt.
Authentische Emotionen
Mit den Gefühlen ist es komplizierter: Da funktioniert nicht alles, was der Film probiert. Aber wenn Williams schonungslos ins Gericht geht mit seinen Fehlleistungen, mit seinem Unwohlsein als fünftes Rad am Wagen bei Take That, mit seinen Abstürzen, mit seinem Grössenwahn – dann berührt das aufrichtig.
Paradoxerweise, weil es ein grundsätzlich liebenswerter Affe ist, der das alles durchmacht.
Kinostart: 26.12.2024