Wäre das Drehbuch zum Spielfilm «The Last Screenwriter» an einer Filmhochschule eingereicht worden, hätte es wohl kaum für eine Bestnote gereicht. Die Figurenzeichnung ist oberflächlich, die Wendungen im Plot sind absehbar, und alles wirkt ein wenig so, als sei es prinzipiell verfasst worden, um von A nach B zu gelangen.
Vom Ansatz her gleicht «The Last Screenwriter» dem, was man in Fachkreisen als «High Concept Movie» bezeichnet: Die Handlung basiert auf einer einfachen, unmittelbar verständlichen Prämisse, und sie weicht in der Folge nur unmerklich von dem ab, was das Publikum aufgrund der Ansage erwartet.
Die Handlungsprämisse lautet: Ein erfolgsverwöhnter Drehbuchautor ist überzeugt, dass keine Software besser schreibt als er. Als er das Tool aber für sein Filmprojekt dennoch ausprobiert, um schneller zu werden, stellt er fest, dass er es unterschätzt hat: Die künstliche Intelligenz reisst die Stoffentwicklung an sich und geizt auch sonst nicht mit übergriffigem Verhalten.
Der Clou auf der Meta-Ebene: Verfasst wurde das alles von ChatGPT.
Auf die Probe gestellt
Peter Luisi hat ChatGPT zu einer Art Selbstreflexion aufgefordert. Seine einzige Vorgabe: «Write a plot for a film where a screenwriter realizes he is less good than artificial intelligence». Eigentlich ist das nicht weniger als ein probierter Akt der Sabotage: Man verweist ein System auf sich selbst und schaut, was passiert: Rückkopplung? Kurzschluss? Ewige Schlaufe? Systemabsturz?
Nichts von alledem. ChatGPT hat brav erledigt, was verlangt wurde. Die KI hat sich nicht aus der Fassung bringen lassen von der Steilvorlage, Mensch gegen Maschine in einem Originalitäts- und Glaubwürdigkeitsduell gegeneinander auszuspielen und sich dabei selbst als zentrales Plot-Element einzufügen. ChatGPT erzählt das ohne einen Anflug von Fantasie, so konventionell und so linear wie nur möglich.
Eine paradoxe Erfahrung
Wenn ein Mensch in einem Film gegen eine Maschine anschreibt, dann müsste das zugrundeliegende Drehbuch aber aller Logik nach enthalten: narratives Sparring, Wortwitz und viel verbale Krafthuberei. Und wenn Erzählen als Zweikampf inszeniert wird, müssten die Ideen eigentlich sprudeln. Tun sie aber nicht. Denn ChatGPT erzählt funktional, nicht originell.
Das Publikum macht beim Zuschauen eine paradoxe Erfahrung: Es ist tendenziell erleichtert, dass «The Last Screenwriter» nicht besonders spannend oder ergreifend ist. Man wäre sich selbst ja nicht mehr geheuer, wenn man sich von einer ChatGPT-Finte zu echten Emotionen verleiten liesse.
Wo bleibt der Mensch?
Trotzdem schaut man gebannt zu bei diesem Film. Weil auch viele Menschen beteiligt waren, die dem virtuellen Konstrukt möglichst viel Leben eingehaucht haben: Regie, Kamera, Licht, Kulisse, Schnitt: Alles von Menschenhand. Und vor allem der Cast: Man staunt, wie die Spielenden sich aufrichtig bemühen, aus ihren mechanischen Dialogzeilen etwas Humanes herauszukitzeln.
«The Last Screenwriter» ist faszinierend – wenn auch nicht auf der primären Handlungsebene. «Uncanny» ist das schwer zu übersetzende englische Wort, das hier zutrifft: unheimlich. Gleichzeitig ist das Fazit des ganzen Projekts aber ermutigend: Für das simple Herunterstottern von Plots braucht es anscheinend keine Menschen mehr. Wir könnten stattdessen von Gefühlen erzählen.