Das faszinierende an den Gegnern des Batmans ist, dass sie meist zwiespältige soziale Aussenseiter sind. Sie sehen anders aus, verhalten sich anders als der Rest der Gesellschaft und akzeptieren deren Werte und Normen nicht.
Die Ambivalenz ist unterschiedlich stark ausgeprägt, je nach Figur, dem Medium (Comic, Film, Serie, Game) und aus welcher Zeit die jeweilige Geschichte stammt. Gerade in den vergangenen Jahren haben die Macher versucht, den Bösewichten mehr Tiefe zu geben.
«Two-Face» ist in Christopher Nolans «The Dark Knight» (2008) ein Staatsanwalt, dessen Gesicht bei einer Explosion zur Hälfte zerstört, dessen Freundin getötet, und der durch diese tragischen Umstände zum Kriminellen wird.
Der Joker ist im gleichnamigen Film (2019) von Todd Phillips und Joaquin Phoenix ein Clown-Darsteller, dessen Mutter eine wahnhafte Narzisstin war und der unter einer neurologischen Störung leidet, die unkontrollierbare Lachanfälle auslöst.
Der Pinguin, alias Oswald Cobblepot, hatte seinen letzten grossen Kinoauftritt in Tim Burtons «Batman Returns» 1992. Dort war er ein grotesker Verbrecher mit deformierten Körper, der von seinen reichen Eltern als Baby in einen Fluss geworfen wurde und in der Kanalisation aufwuchs.
Seine neuste Variante ist weniger tragisch. In der Serie «The Penguin» ist Oswald ein Gangster und Nachtclubbesitzer. Ein Typ mit einem missgebildeten Fuss, weshalb er sich seltsam schwankend bewegt. Deshalb hat er den Spitznamen «Pinguin». Den hasst Oswald.
Er hat auch eine weiche Seite: Oswald kümmert sich um seine demente Mutter und einen jungen Autodieb, den er ins Business einführt.
Gespielt wird Oswald, wie schon im Kinofilm «The Batman» (2022), von Colin Farrell – der unter der Maske nicht wiederzuerkennen ist. «The Penguin» erzählt ein klassisches Gangsterdrama.
Wer wird der Boss der Bosse?
Oswald will aufsteigen und nicht nur Handlanger der Falcones sein, einer Mafiafamilie in Gotham, dieser New York-Version aus der Batman-Welt, nur grösser, gefährlicher und unheimlicher.
Carmine, das Oberhaupt, ist gerade gestorben. Oswald ermordet den möglichen Nachfolger Alberto. Nicht gerechnet hat er mit dessen Schwester Sofia, gespielt von Cristin Milioti, einer psychopathischen Serienmörderin, die aus dem Arkham Asylum entlassen wurde.
Wie Oswald will sie an die Macht. Sofia ist die heimliche Hauptfigur der Serie.
Keine Fledermaus
«The Penguin» ist keine Superhelden-Serie. Der Batman taucht nicht auf, was zuvor schon bei den Serien «Gotham» und «Pennyworth» oder den «Joker»-Filmen gut funktioniert hat. Wie der Joker oder auch Disneys «Cruella», gehört «The Penguin» in die Rubrik «Machen wir die Bösen zu Helden».
Im langsamen Tempo wird von Oswalds Intrigenspiel erzählt. Er ist eine durchschnittliche Figur, weil er aus Gangster-Klischees besteht, die es seit dem Mafiaepos «The Godfather» gibt.
Verwunderlich ist der Bezug nicht. Der Filmklassiker war die Inspiration für die Falcone-Familie, die 1987 im Comic «Batman: Year One» und danach in «Batman: The Long Halloween» ihre ersten Auftritte hatte.
Kein Hit, aber entspannt
«The Penguin» ist sicher nicht unter den besten fünf Serien des Jahres, aber Colin Farrell und Cristin Milioti liefern sich ein tolles Schauspielduell.
Wer einen altmodischen Krimiabend ohne Überraschungen sucht, findet ihn hier.