«Eines Tages werden wir unseren Kindern erzählen, dass jeder Berg hier uns gehört.» Es ist das Jahr 1899, und der Unternehmer André Morel plant, ein ehemaliges Luxushotel in den Schweizer Alpen wiederzueröffnen. Die dafür nötige finanzielle Unterstützung sichert ihm der britische Lord Fairfax zu.
Die Geschichte, die über die Landesgrenzen hinausgeht, spiegelt auch die internationale Dimension der Produktion von «Winter Palace» wider: Neben dem Westschweizer Fernsehen RTS war auch der internationale Streaminganbieter Netflix an der Serie beteiligt – mit dem Ziel, dass das Historiendrama sowohl das Schweizer als auch das ausländische Publikum anspricht.
Das Geschäft mit Swissness
Genau die angestrebte Internationalität einer typisch schweizerischen Geschichte könnte dem Projekt zum Stolperstein werden, sagt der SRF-Filmredaktor Georges Wyrsch. «Es ist eine internationale Produktion, in der Briten ins Wallis kommen. Auch im Cast sind britische und französische Talente dabei.»
Für ein Schweizer Publikum wirkt die Serie teilweise befremdlich, erklärt Wyrsch, weil es in gewissen Aspekten schon fast unschweizerisch ist, paradoxerweise aber stark auf Swissness setzt. Dies zeigt sich etwa in einer längeren Sequenz, in der Fondue serviert wird. «Das würde man für ein Schweizer Publikum so nicht inszenieren, aber es zieht halt im Ausland.»
Authentizität vs. Internationalität
Dass Netflix auf einen internationalen Markt abzielt, zeigt sich auch an den unterschiedlichen Sprachfassungen von «Winter Palace». Es gibt eine englische, französische und deutsche Synchronisation. Da am Set britische, französische und schweizerische Schauspieler zusammenarbeiteten, bleibt jedoch unklar, welche eigentlich als die Originalversion dieses Netflix «Original» gilt.
Wie schafft man etwas Internationales, das dennoch lokale Eigenheiten bewahrt? «Da sind wir noch in der Versuchsphase», erklärt Wyrsch. Doch genau hierin liegt das grosse Potenzial einer Netflix-SRG-Co-Produktion.
Lex Netflix
Für Pierre Monnard, den Regisseur von «Winter Palace», bietet die Zusammenarbeit mit Netflix eine grosse Chance. Er habe deutlich gespürt, dass Netflix diese Produktion als Schaufenster nutzen will, um in der Schweiz als Produzentin Fuss zu fassen.
Am Ende gehe es – wie in der Luxushotellerie – um Kapital. Die Serie wurde nur teilweise von RTS und der SRG finanziert. «Ohne das Geld von Netflix hätten wir ‹Winter Palace› nicht realisieren können», erklärt Monnard.
Alles endet mit einem Cliffhanger
Die Mitfinanzierung durch Netflix bedeutet aber auch Kompromisse. Zwar hat der Streamingdienst die Drehbücher nicht mitentwickelt, doch beim Schnitt der Episoden kam es zu vielen Diskussionen, wie Monnard berichtet.
Netflix habe einen klaren Fokus auf die Cliffhanger gelegt – also darauf, dass Folgen möglichst offen enden, damit das Publikum sogleich die nächste schauen will. Deshalb hätte das «Winter Palace»-Team diese Cliffhanger für die Streamingplattform optimiert.
«Einschränkungen gibt es bei einer solchen Produktion ganz viele», räumt Pierre Monnard ein, «aber ich finde das nicht so frustrierend.» Kompromisse gehören für ihn zum Geschäft – eine Erkenntnis, die auch der Hotelier André Morel in den acht Folgen von «Winter Palace» gewinnt.