Monster mit Stacheln und Tentakeln. Kämpfe zwischen Menschen und Ungetümen. Eine unheimliche Unterwelt. Eine Liebesgeschichte zwischen dem jungen Mann Aaron und seiner Freundin Lori.
Der Horrorfilm «Nightbreed» aus dem Jahr 1990 wirkt wie ein normaler, etwas trashiger Schocker-Streifen.
Und das soll ein LGBTQ-Film sein? Ja, finden die Kuratorinnen und Kuratoren des Neuchâtel International Fantastic Film Festival, kurz NIFFF. Denn «Nightbreed» läuft am NIFFF in der Retrospektive mit dem Titel «Scream Queer». Die ist der Darstellung der LGBTQ-Kultur im fantastischen Film gewidmet.
Der Spanier Javier Parra ist einer der Kuratoren der Retrospektive. Er kennt sich mit dem Thema aus. Im letzten Jahr veröffentlichte er ein Sachbuch mit dem Titel «Scream Queer – LGBTQI+-Repräsentation im Horror-Film».
Im Interview mit SRF erklärt er, warum «Nightbreed» ein LGBTQ-Film ist: «Die Monster repräsentieren eine Community, die von der ‹normalen› Gesellschaft ausgeschlossen ist. Sie stehen für die queere Community, die anders ist als die heteronormative Mehrheit.»
Der Regisseur des Films «Nightbreed», der auch die Buch-Vorlage geschrieben hat, ist selbst schwul. Die Parallelen sind also ziemlich sicher gewollt.
Lesbische Rockbands und Leinwand-Küsse
Nebst «Nightbreed» laufen in der Sektion «Scream Queer» am NIFFF rund 20 weitere Filme. Bei einigen ist die Queerness offensichtlich.
Zum Beispiel bei «Jennifer’s Body»: Der Film wurde 2009 vor allem mit dem Leinwand-Kuss der beiden Hauptdarstellerinnen Meghan Fox und Amanda Seyfried vermarktet. Oder der schwedische Comedy-Film «Dyke Hard». Darin geht eine lesbische Rockband auf einen Roadtrip, um gegen andere Bands anzutreten.
Freddy Krueger steht für die Gesellschaft
Bei anderen Filmen am NIFFF ist der Zusammenhang mit der LGBTQ-Kultur vor allem für ein Hetero-Publikum weniger offensichtlich. Was zum Beispiel «A Nightmare on Elm Street 2» in der Sektion zu suchen hat, erklärt Javier Parra: «Das ist eine schwule Allegorie. Die Hauptperson ist ein nicht geouteter schwuler Mann. Er stellt sich einem Monster. Im Film ist das der Bösewicht Freddy Krueger, der für die Gesellschaft steht.»
Javier Parra ist nicht der Einzige, der die Filme aus diesem Blickwinkel betrachtet. Viele aus der LGBTQ-Community würden beispielsweise auch die «Scream»-Filme als Metapher sehen.
2021 sagte schliesslich «Scream»-Drehbuchautor Kevin Williamson selbst, dass sein Film für die Erlebnisse als queerer Teenager stehen. «Als schwuler Mann kann ich mich mit den Schwierigkeiten der Protagonistin identifizieren. Denn so ist es, wenn man als queerer Teenager überleben will», erzählt er in einem Interview mit der Zeitung «The Independent».
Noch immer unterrepräsentiert
NIFFF-Kurator Javier Parra ist sich bewusst, dass vor allem ein heterosexuelles Publikum viele der Filme noch nie aus diesem Blickwinkel betrachtet hat. «Ich finde genau diese Filme spannend, die die LGBTQ-Themen nicht offensichtlich machen», sagt er.
«Dadurch, dass wir sie unter dem Lable ‹Scream Queer› zeigen, werden hoffentlich auch andere Menschen die LGBTQ-Aspekte erkennen. Es ist wichtig, diese Themen in den Fokus zu rücken. Denn die queere Community ist im Kino noch immer unterrepräsentiert.»