Wie jedes Jahr gab die Schweizer Filmakademie an den Solothurner Filmtagen die Nominationen für den Schweizer Filmpreis bekannt. Ein Blick auf die Liste der Nominationen zeigt: Bei den Fiktionen hat die Westschweiz das Sagen.
Von den fünf Werken, die als bester Spielfilm in Frage kommen, stammen alle aus der Romandie. «L’amour du monde» von Jenna Hasse wurde zwar von einer Deutschschweizer Firma produziert, spielt aber unter einheimischen Jugendlichen am Genfersee.
Einzige Chance für «Bon Schuur Ticino»
Die Deutschschweiz hatte als Spielfilme zwei Kinoschwänke beigesteuert, die nun in anderen Kategorien auftauchen: Für «Die Nachbarn von oben» sind Sarah Spale und Ursina Lardi als beste Darstellerinnen nominiert; für den Kassenschlager «Bon Schuur Ticino» könnten Beat Schlatter und Peter Luisi den Preis für das beste Drehbuch gewinnen.
2023 waren zwei international beachtete Arthouse-Produktionen aus der Deutschschweiz ganz vorne beim Schweizer Filmpreis dabei, «Drii Winter» von Michael Koch und «Unrueh» von Cyril Schäublin. Aber das waren auch keine populären Komödien wie dieses Mal – ein Genre, mit dem die Akademie nicht warm wird.
«Bisons» könnte abräumen
Von den Westschweizer Spielfilmen bringt es «Bisons» von Pierre Monnard auf die meisten Nominierungen: Bester Spielfilm, zweimal bester Darsteller (Karim Barras und Maxime Valvini), beste Filmmusik, beste Kamera, bester Schnitt.
Das Drama um einen Bauern und Schwinger, der aus Geldsorgen mit seinem Bruder an illegalen Faustkämpfen in Frankreich teilnimmt, wird vom Filmverleih vollmundig als «FIGHT CLUB meets HELL OR HIGH WATER» beworben und kommt Mitte Februar in die Kinos.
Grosse Hoffnungen
Der Regisseur von «Bisons» ist kein Unbekannter: Pierre Monnard arbeitet seit Jahren auf beiden Seiten des Röstigrabens (Serien wie «Hors Saison», «Neumatt» und «Wilder») und führte auch beim Spielfilmerfolg «Platzspitzbaby» (2020) Regie.
Zurzeit betreut er ein teures Prestige-Projekt, auf dem grosse Hoffnungen ruhen: Die erste Schweizer Netflix-Serie «Winter Palace».
Buntgewürfeltes Dok-Filmschaffen
In der Kategorie «Bester Dokumentarfilm» finden sich fünf Werke wieder, die derart verschieden voneinander sind, dass sie eigentlich kaum in die selbe Kategorie passen.
«Die Anhörung» von Lisa Gerig und «Prisoners of Fate» von Mehdi Sahebi stellen Asylsuchende ins Zentrum, während sich Peter Mettler in «While the Green Grass Grows» und Jackie Brutsche in «Las Toreras» mit ihren Eltern und mit dem Tod befassen – auf völlig unterschiedliche Weise.
Mit Brutsche würde eine starke Persönlichkeit gewinnen. Mettler hingegen ist ein Doyen des CH-Dokumentarfilms, der zwar schon viele Preise gewann, aber noch nie mit einem Schweizer Filmpreis ausgezeichnet wurde. Schwer zu sagen, wer zum Zug kommt.
Eine Prognose zum Schluss
Gute Chancen auf einen Schweizer Filmpreis hat hingegen die in Zürich aufgewachsene Schauspielerin Ella Rumpf. Sie war bereits zweimal nominiert (2015 für «Chrieg» und 2022 für «Soul of a Beast»), ging aber beide Male leer aus.
Rumpf, Jahrgang 1995, blickt bereits auf eine lange internationale Karriere zurück – nicht zuletzt auch in Frankreich, da sie akzentfrei französisch spricht. Dieses Jahr ist sie nominiert für ihre Rolle in «Le théorème de Marguerite»: Es wäre ein Punkt für beide Sprachregionen.
Die Preisverleihung zum Schweizer Filmpreise 2024 findet am 22. März in Zürich statt.