Lange Zeit schätzten nur wirkliche Horror-Fans die Arbeit von Jason Blum. Erst mit der Oscar-Nomination für «Get Out» von 2018 wurde der Produzent einem breiteren Publikum bekannt.
Nun wurde ihm am 75. Filmfestival in Locarno der «Best Independent Producer Award» für sein Schaffen verliehen. Ein Gespräch über Arbeitsmethoden und die Tiefgründigkeit von B-Movies.
SRF: Das Horror-Genre ist nicht bekannt dafür, renommierte Preise anzuziehen. Trotzdem werden Sie in Locarno als Independent-Produzent mit einem Leoparden geehrt. Was bedeutet Ihnen dieser Preis?
Jason Blum: Ich habe gemischte Gefühle. Ich mochte das Horror-Genre mitunter auch, weil es ausserhalb des Mainstreams lag. Mit dem von mir produzierten Film «Get Out» hat sich das verändert. Horrorfilme werden breiter akzeptiert. Dass ich nach Locarno eingeladen wurde, ist ein Beispiel dafür. Natürlich freue ich mich aber auch und bin stolz.
«Get Out» war 2018 bei den Oscars für den besten Film nominiert, hat aber nicht gewonnen. Viele der Academy-Mitglieder, die den Gewinnerfilm wählen, schreckte das Horror-Genre ab.
Ich glaube, wenn «Get Out» heute herausgekommen wäre, hätte er den Oscar gewonnen. Ich finde, er hätte ihn auch verdient. Niemand erinnert sich an den damaligen Gewinnerfilm. Damit hat sich die Academy keinen Gefallen getan.
Ihr Produktionshaus «Blumhouse Productions» ist für seine Low-Budget-Filme bekannt. Um die Kosten tief zu halten, zahlen Sie der Filmcrew mitunter nur den gesetzlichen Mindestlohn. Warum?
Wenn der Film das grosse Geld einbringt, verdient die Filmcrew mehr als je zuvor. Wenn der Film floppt, verdient niemand daran. Das erlaubt uns, Filme zu machen, die sonst niemand machen würde.
Die Ideen für Filme wie «The Purge», «The Gift» oder auch «Get Out» geisterten lange in Hollywood herum, aber niemand nahm sich deren an. Wir sagten den Regisseuren: «Wenn sie die Filme mit der Hälfte des Budgets realisieren können, sind wir im Geschäft.»
Wie arbeiten Sie mit den Regisseuren und Regisseurinnen zusammen?
Wir geben ihnen das Recht auf den Final Cut. Bei europäischen Produktionen ist das normal, in Hollywood jedoch nicht. Sie haben auch während den Dreharbeiten viel mehr Kontrolle über ihr eigenes Schaffen. Das System gleicht dem Autorenfilm, ausser, dass wir kommerziell ausgerichtet sind.
Wir arbeiten sehr kollaborativ.
Mit mehr Kontrolle sind die Regisseurinnen weniger besorgt darum, ihre eigenen Ideen umzusetzen. Und das wiederum macht sie offener für Inputs unsererseits. Wir arbeiten also sehr kollaborativ. Aber: Wenn wir uns wirklich uneins sind, setzen wir das um, was die Regisseure wollen.
Mussten Sie dabei schon in den sauren Apfel beissen?
Ich bin oft frustriert, aber damit muss ich leben (lacht).
Viele Ihrer Filme sind nicht bloss blanker Horror, sondern auch gesellschaftskritisch. Ist das Teil der «Blumhouse»-Maschinerie?
Ich würde den Autorinnen niemals sagen, sie sollen beispielsweise Geschichten über den Klimawandel schreiben. Sie müssen über das schreiben, was sie beschäftigt. Wenn das eine tiefere Botschaft hat, ist das grossartig. Die Drehbücher, die wir gut finden, haben oft eine politische Ebene.
Viele Drehbücher, die ich in letzter Zeit gelesen habe, sind zu belehrend.
Wie wichtig ist diese politische Ebene bei der Auswahl eines Drehbuches?
Ein Film muss in erster Linie unterhalten. Wenn eine weitere Ebene eingebaut werden kann, ist das toll. Viele Drehbücher, die ich in letzter Zeit gelesen habe, sind jedoch zu belehrend. Niemand möchte das sehen. Ich will Filme machen, die vergnügen und Angst einjagen. Erst dann wird es interessant, eine politische Idee darin zu verstecken.
Das Gespräch führte Flurin Michel.