«Zwingli», antwortet Stefan Haupt mit einem Wort. Das ist die Kurzfassung. Und die reine Wahrheit. Die Langfassung ist weniger spektakulär, dafür aber faszinierend schweizerisch.
Er habe für seinen letzten Film, die Verfilmung von Lukas Hartmanns Roman «Finsteres Glück», bei der Landeskirche um Geld gebeten. Die Antwort war: «Ach, weisst du, das ganze Geld geht momentan in den Zwingli-Film.»
So hat Stefan Haupt erfahren, dass ein Film über eine seiner historischen Lieblingsfiguren in Planung war.
Vertraut mit der Welt des Reformators
Als Kind sei er immer wieder in Wildhaus in den Ferien gewesen. Dort hätte die Familie mehrmals das Zwingli-Geburtshaus besucht. Im Kinderchor des Zürcher Grossmünsters habe er zudem das Weihnachtsoratorium mitgesungen.
Mit Zwinglis kirchlicher Welt sei er daher von seinem Elternhaus aus vertraut, sagt Stefan Haupt. Zwingli sei immer eine positive Figur gewesen. Nicht negativ behaftet, wie es im Begriff «zwinglianisch» mitschwingt.
Stefan Haupt hat bei der Produktionsfirma C-Films angefragt, ob er die Regie bei dem Projekt übernehmen könnte. Und obwohl vieles von Produzentin Anne Walser schon in die Wege geleitet und Max Simonischek als Zwingli-Darsteller gesetzt war: Stefan Haupt bekam den Zuschlag.
Bibel für alle
Als Stefan Haupt begann, sich vertieft mit dem Menschen Zwingli auseinanderzusetzen, habe er ihn noch viel mehr interessiert. Zwinglis Aufrichtigkeit und sein Interesse am Wort und nicht an Fake News: «Wenn wir schon aus der Bibel vorlesen, dann müssen die Leute das doch auch verstehen!»
Deshalb, so Haupt, musste die Bibel übersetzt werden, damit sie nicht bloss einem elitären Zirkel auf Lateinisch vorgetragen würde.
«Wenn wir die Bibel vorlesen und den Text für wichtig erklären, dann müssen wir auch danach leben. Wir müssen nach einer gerechten Welt streben.» Es gehe darum, dass sich die Kirche nicht in Prunk und Machtstrukturen verliere.
Stefan Haupt redet sich in Begeisterung. Auch heute noch, nachdem längst alles abgedreht, vertont, geschnitten und kinogerecht aufbereitet ist.
Der etwas andere Held
Aber selbst dann, wenn Zwingli für ihn heldenhafte Züge aufweise, erzähle der Film alles andere als eine Heldengeschichte.
Nur schon darum nicht, weil die Titelfigur ein tragisches, ja fragwürdiges Ende findet, sagt Stefan Haupt: «Wie erzählt man seinen Tod? Wie erzählt man die zweite Hälfte seines Wirkens?»
Ja, wie erzählt man von dem Leutpriester, der sich in der Stadt Zürich durchgesetzt hat mit seinen Ideen? Der die Priesterehe nicht nur für nötig erklärt, sondern auch selber für sich vollzogen hat? Der die neue Technologie des Buchdruckes genutzt hat, um mit der «Zürcher Bibel» ein Volkswerk zu schaffen, das nicht seinen Namen tragen musste wie die von Konkurrent Luther in Deutschland?
Wie erzählt man von einem, der Nächstenliebe und Bescheidenheit predigt, aber unnachgiebig die Täufer verfolgt und schliesslich persönlich gegen die konservativen Streitkräfte der Innerschweizer mit dem Schwert in den Krieg zieht?
Von dem Mann, der auf dem Schlachtfeld getötet, gevierteilt und verbrannt wird? Der Film tut es ganz klassisch, indirekt, über einen Heimkehrer, der berichtet.
«Game of Thrones»-Spezialisten am Werk
Stefan Haupt wollte einen Menschen und eine Zeit auf die Leinwand bringen. Dazu war ihm Realismus wichtig: die Kulissen und die Kostüme, die Bärte, die Ratten, die Pestbeulen und die Stadt Zürich im Jahr 1519.
Mit allen Mitteln des zeitgenössischen Kinos hat Haupt gearbeitet. So haben Spezialisten, die auch für «Game of Thrones» Burgen und Drachen erschaffen, Zürich zwischen Limmat und Grossmünster realistisch am Computer rekonstruiert.
Zwingli und Züridüütsch
Zugleich, so Stefan Haupt, wollte er auf Teufel komm raus «s’bluemete Trögli» vermeiden, die allzu museale Rekonstruktion.
Deshalb reden die Figuren ein mehr oder weniger zeitgenössisches Zürichdeutsch. Moderne Ausdrücke werden gemieden, aber auch altertümliche Vokalisierungen. Und darum auch wird der Film getragen von einem modernen Score statt von historischer Renaissance-Musik.
Stefan Haupt hat sich für seine filmische Arbeit an das gehalten, was er für die grosse Begabung des Reformators Zwingli hält: «Ich gehe mit denen reden, man kann das doch ausdiskutieren. Veränderung ist möglich. Wie muss ich es anstellen, damit es funktioniert?»
Das, sagt Stefan Haupt, findet er «schwer ok» an Zwingli.
Kinostart: 17.01.2019