Kaum ein Journalist kennt Mark Zuckerberg so gut wie der renommierte US-amerikanische Tech-Reporter Steven Levy. Wir haben ihn gefragt: Was ist Zuckerberg für ein Mensch? Ein Gespräch über einen Getriebenen, der nie gesellig sein wird.
SRF: Sie haben Mark Zuckerberg 2006 zum ersten Mal getroffen. Da war Facebook erst zwei Jahre alt. Wie war diese erste Begegnung?
Steven Levy: Mark war noch ein Teenager und sehr unbeholfen. Wir verabredeten uns zum Mittagessen auf einer Konferenz und ich stellte ihm ganz lockere Fragen – etwa, wie viele Leute für ihn arbeiteten. Er starrte mich nur an und sagte nicht wirklich viel. Ich dachte mir: «Habe ich ihn irgendwie beleidigt?» Schliesslich fragte ich ihn, ob er etwas über die Konferenz – eine historische Konferenz in der Computerbranche – wisse. Er verneinte und ich erklärte es ihm.
So scheu scheint er heute nicht mehr zu sein.
Mark betrachtet soziale Interaktion als eine Art Algorithmus, den man beherrschen kann. Als CEO eines riesigen Unternehmens hat er oft keine andere Wahl als in der Öffentlichkeit zu stehen. Er hatte also mittlerweile sehr viele Gelegenheiten, um zu üben – um zu sehen, was funktioniert und was nicht.
Er wird nie ein warmherziger und geselliger Mensch sein.
Mit der Zeit wurde er besser darin, er kann sich jetzt gut mit Medienleuten unterhalten. Ein warmherziger und geselliger Mensch wird er jedoch nie sein. Er ist schlicht auch erwachsen geworden. Er hat geheiratet und hat eine Familie.
Zuckerberg musste auch lernen, sich zu entschuldigen.
In seinen Anfängen galt Facebook als lustiges soziales Netzwerk. Wenn Zuckerberg Fehler machte, entschuldigte er sich und alles war sofort vergessen. Als es jedoch immer mehr negative Schlagzeilen rund um Facebook gab, musste er lernen, sich besser zu verteidigen, für sein Unternehmen hin- und einzustehen. Dabei musste er auch lernen, bescheiden zu sein. Etwas, das für ihn nicht selbstverständlich ist.
Klar ist, trotz Kritik: Zuckerberg ist sehr erfolgreich. Was ist seine Erfolgsformel?
Was Zuckerberg wirklich auszeichnet, ist sein Konkurrenzgeist. Schon als Kind war er sehr wettbewerbsorientiert. Er spielte gerne Spiele, bei denen er gut abschneiden und andere Leute schlagen konnte. So war er auch auf dem College. Schon zu Beginn von Facebook war es ihm sehr wichtig, dass sein Unternehmen Konkurrenten ausmerzt. Ich habe ihn auch schon direkt darauf angesprochen: Er gab zu, sehr wettbewerbsorientiert zu sein.
«Move fast and break things»: Diesen Slogan prägte Zuckerberg. Hat dieses Motto Facebook so gross gemacht?
Der Ursprung von «move fast and break things» liegt darin, dass Facebook eines der ersten grossen Unternehmen war, das hauptsächlich für das Web entwickelte. Im Unterschied zu einer App, die man herunterlud und benutzte, bis eine neue Version herauskam, konnte man eine Website mehrmals am Tag mit einer neuen Version aktualisieren. Brachte eine Änderung die Website zum Absturz, wurde das sogleich wieder behoben.
Er denkt bis heute, dass Facebook einen positiven Effekt auf die Welt hat.
Daher kommt auch dieser Ausdruck: Schnell handeln, Dinge sofort reparieren. Auch, wenn dabei etwas kaputtgeht. Was Mark natürlich nicht beabsichtigte: Der Slogan bekam eine weitere Bedeutungsebene. Das Motto brachte nicht nur die Website zum Absturz, sondern auch die Gesellschaft.
Facebooks Geschichte ist auch von Datenskandalen geprägt – etwa dem Skandal um die US-Präsidentschaftswahlen 2016. Nimmt Zuckerberg die Kritik an sich und seiner Firma ernst?
Ich glaube, dass er bis heute denkt, dass Facebook grundsätzlich einen positiven Effekt auf die Welt hat. Dass Meta Menschen verbindet. Probleme mit Datenschutz oder Werbung sind dabei nebensächlich. Von dieser Idee, dass Facebook grundsätzlich Gutes will, wird er auch nicht abkommen.
Wie viel Zuckerberg steckt denn heute noch in Meta?
Mark Zuckerberg besitzt die Mehrheit der stimmberechtigten Aktien von Meta. Niemand kann ihn entlassen und er bestimmt, was im Unternehmen läuft. Wenn er beschliesst, dass seine Prioritäten die virtuelle Realität oder die künstliche Intelligenz sind, wird es tausende Angestellte geben, die an diesen Themen arbeiten.
Ein Blick in die Zukunft: Wird Mark Zuckerberg in 20 Jahren noch an der Spitze von Meta stehen?
In 20 Jahren ist Zuckerberg 60. Mark ist eine Sportskanone, rennt wie verrückt. Er züchtet Rinder, verbringt viel Zeit auf seiner Ranch auf Hawaii. Ich vermute also, dass er nicht noch weitere 20 Jahre bei Meta verbringen wird. Stand heute brennt er aber immer noch für sein Unternehmen.
Das Gespräch führte Viviane Manz.