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Ägyptische Revolution Dokumentarfilm: Was von der Revolution geblieben ist

Vom Ausbruch der ägyptischen Revolution bis zum ersten Jahrestag: Der Film «Laila, Hala und Karima» porträtiert Anfang 2012 drei Künstlerinnen im revolutionären Kairo. Nun haben die Filmemacher die Frauen wieder getroffen und nachgefragt, was übrig geblieben ist von den Hoffnungen jener Tage.

Hala Elkoussy schrie. Sie schrie laut, ging in die Knie, ihre Stimme überschlug sich vor Begeisterung. Auf dem Tahrir-Platz machte das Gerücht die Runde, Ägyptens Diktator Mubarak sei zurückgetreten. Doch zu früh gefreut. Nach Strassenschlachten mit Hunderten von Toten, nach tagelangen Demonstrationen – noch wollte er nicht gehen, obwohl der Tahrir-Platz bebte, wenn die Demonstranten «Hau ab!» skandierten.

Das waren die ersten Szenen, die der ägyptische Filmemacher Ahmed Abdel Mohsen mit einer kleinen Kamera für den «Kulturplatz» von SRF drehte, während die Korrespondenten der grossen TV-Sender von den Balkonen ihrer noblen Hotels berichteten.

Zu Beginn herrschte riesige Euphorie

Ahmed Abdel Mohsen war mittendrin, genauso wie die Künstlerin Hala Elkoussy, die Theaterregisseurin Laila Soliman und die Choreografin Karima Mansour. Niemand ahnte, was kommen würde. Aber die Euphorie und die Hoffnungen der ersten 18 Tage waren immens.

Zwei Filmemacher stehen auf einer Tribüne, wobei der eine die Kamera ausrichtet und der andere einen Scheinwerfer hält.
Legende: Regisseur Ahmed Abdel Mohsen (links) und «Kulturplatz»-Redaktor Eduard Erne beim Dreh im Rawabet Theater in Kario. zvg

Immer wieder berichteten Ahmed Abdel Mohsen und ich aus Kairo. Ein ganzes Jahr lang beobachteten wir die drei Künstlerinnen bei Versammlungen, Demonstrationen, bei ihrer künstlerischen Arbeit.

Wir erlebten Strassenschlachten, den Prozess gegen Mubarak, Theaterproben, die ersten freien Parlamentswahlen, die Gewalt der Militärs. Wir blieben im Gespräch, fragten nach: Wohin steuert dieses Land? Was ist zu tun? Wie entwickelt sich diese Revolution? Und was könnt ihr, als Künstlerinnen für die Revolution tun?

Laila, Hala und Karima liessen uns teilhaben am Alltag der Veränderung, teilten ihre Gefühle, ihre Hoffnungen und ihre Skepsis. Als der Film dann ausgestrahlt wurde, zum ersten Jahrestag der Revolution, schauten wir zurück: auf eines der wichtigsten Jahre in der Geschichte Nordafrikas, welches begonnen hatte, sich von seinen Diktatoren zu befreien.

Heute fühlen sich viele betrogen

Ein weiteres Jahr später ist der Film nur noch ein Dokument. Die Bilanz zum zweiten Jahrestag der Revolution ist ernüchternd: Das politische Leben wird von islamistischen Parteien dominiert, die den Koran für ihre Zwecke instrumentalisieren.

Präsident Mohammed Mursi regiert, geduldet von den mächtigen Militärs, die ihn regieren lassen, solange er ihre Vormachtstellung und ihre Privilegien nicht antastet. In dieser Situation fühlen sich viele, die in den Strassen rund um den Tahrirplatz ihr Leben für ein freies Land riskierten, um ihre Revolution betrogen.

Ein Wiedersehen zum zweiten Jahrestag

Zum zweiten Jahrestag haben wir Hala Elkoussy, Karima Mansour und Laila Soliman wiedergetroffen. Wir haben sie gebeten, ein Résumé zu ziehen und ihre Perspektive auf ihr Land zu erläutern, das noch immer im Begriff ist, sich von alten tief sitzenden Fesseln zu befreien.

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