«Wie ist Ihre allgemeine Einschätzung der katholischen Kirche», fragten die Studienautoren. Das niederschmetternde Ergebnis: Nur 15 Prozent der Befragten antworteten «positiv», 65 Prozent «negativ» und 20 Prozent wussten nicht recht, was sie sagen sollten.
Selbst unter ihren Mitgliedern hat die katholische Kirche keinen guten Ruf: 38 Prozent bewerten sie als «negativ». Und wer aus der Kirche ausgetreten ist, kann mit ihr gar nichts mehr anfangen: Hier liegen die negativen Beurteilungen bei 90 Prozent. «Eine solche Studie zu präsentieren ist nicht besonders angenehm», sagte etwa Raphael Meyer, Synodalratspräsident der katholischen Kirche des Kantons Zürich. «Es ist hart», sagt auch Bischofsvikar Luis Varandas, «wir dürfen uns aber nicht erschlagen lassen.» Er verstehe die Studie als Auftrag, an der katholischen Kirche zu arbeiten.
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In der Abwärtsspirale – und kein Ende in Sicht
Die Enttäuschung über die Kirche ist gross, auch das zeigt die Umfrage. Auch Wut und Frust ist mit im Spiel, wenn die Befragten an die römisch-katholische Kirche denken – besonders bei den Konfessionslosen, in geringerem Masse auch bei den Mitgliedern der katholischen und reformierten Landeskirche. Die Gründe sind schnell aufgezählt: der Umgang mit Frauen, mangelnde Glaubwürdigkeit wegen des Missbrauchsskandals, die hierarchischen Strukturen und die konservative Haltung zu Abtreibung und Homosexualität.
Trotz der grossen Austrittswelle im Herbst 2023 scheint auch der Mitgliederschwund noch nicht überwunden: 27 Prozent der Befragten geben an, sich Gedanken zu machen über einen Austritt. Es sind also längst noch nicht alle gegangen, die es sich vorstellen können.
Den Kirchen sind die Hände gebunden
All das erstaunt wenig. Die Ergebnisse in dieser Deutlichkeit zu sehen, muss die Verantwortlichen aber schmerzen. Denn: Gegen die meisten dieser Gründe können die Verantwortlichen in der Schweiz wenig tun. Zwar scheinen Bischöfe und Landeskirche ernsthaft bemüht, den Missbrauchsskandal aufzuarbeiten und künftige Fälle zu vermeiden. Über die Lehrmeinung in Sachen Frauen, Abtreibung oder Homosexualität entscheidet aber Rom. Und Veränderungen sind keine absehbar. Da nützt auch der von Papst Franziskus ausgerufene synodale Weg nichts.
Die Verantwortlichen betonen die positiven Befunde: Die Befragten schätzen das soziale Engagement der Kirche, etwa die Angebote für Seniorinnen und Senioren oder die Entwicklungshilfe. Und, an erster Stelle, den Kirchenchor. Auch Seelsorge spricht für die Kirche oder ihr kulturelles Engagement. Allerdings zeigen andere Studien, dass nur wenige diese Angebote auch tatsächlich nutzen.
«Tu Gutes und sprich darüber», lautet denn auch schon länger die Devise der Vertreterinnen und Vertreter der Landeskirchen. Und die katholische Kirche des Kantons Zürich hat vor Kurzem etwa mit einer Plakatkampagne auf ihre sozialen Leistungen hingewiesen. «Eine wichtige Lehre der Kirche lautet: Die Hoffnung stirbt nie», sagt deshalb Synodalratspräsident Raphael Meyer. «Jetzt müssen wir einfach die positiven Aspekte ins Zentrum setzen und darauf aufbauen.»
Nur: Ob dies reicht, um den zerstörten Ruf wieder aufzubessern, darf angesichts der Deutlichkeit der neuen Zahlen bezweifelt werden.