Worum geht es? Das Bistum Chur hat heute bekannt gegeben, dass sich Bischof Bonnemain bei einer Untersuchung gegen vier Kollegen aus der Bischofskonferenz extern begleiten lässt. Er hatte vom Vatikan den Auftrag erhalten, vier Fälle zu untersuchen, die Mitglieder der Bischofskonferenz betreffen. Da geht es um mögliche Fehler bei der Behandlung von Missbrauchsfällen und in einem Fall um eine mögliche sexuelle Belästigung durch ein Mitglied der Bischofskonferenz.
Wie ist diese Entwicklung zu beurteilen? Dass Bischof Bonnemain extern begleitet wird, war eine Forderung der Kantonalkirchen und ihres Dachverbandes, der Römisch-Katholischen Zentralkonferenz der Schweiz (RKZ). Zu den externen Beratern gehören der ehemalige Neuenburger Kantonsrichter Pierre Cornu sowie Brigitte Tag, Strafrechtsprofessorin an der Universität Zürich und Präsidentin der Kommission «Reglement zum Schutz vor sexueller Belästigung». Sie sollen das gesammelte Material analysieren und den Bischof unterstützen, auch beim Verfassen des Schlussberichts. Es scheint aber, als hätte der Bischof dennoch das letzte Wort. Das Kirchenrecht schreibt das so vor. Wirklich unabhängig ist die Untersuchung damit nicht. Aber immerhin: es tut sich etwas.
Ist Chur das einzige Bistum, in dem sich etwas verändert? Nein. Das Bistum Basel etwa hat mitgeteilt, dass Verdachtsfälle auf sexuellen Missbrauch künftig von einer Anwaltskanzlei untersucht werden. Auch solche, die das kirchenrechtliche Verfahren betreffen. Bei Verdacht müssen die Bischöfe die Fälle den Strafbehörden weiterleiten. Neu macht die Anwaltskanzlei auch die Untersuchung bei kirchenrechtlichen Verfahren.
Warum diese Änderung? Die ist nötig, weil der Bischof oft in einen Rollenkonflikt kommt, wenn einer seiner Priester im Bistum unter Verdacht steht. Es stellt sich dabei stets die Frage, ob ein Bischof die Untersuchung unbefangen durchführen kann. Einer der grossen Kritikpunkte ist, dass die Bischöfe gar nicht unabhängig untersuchen könnten. In Basel leitet der Bischof nun etwa die Untersuchung nur noch ein und schickt die Unterlagen nach Abschluss der Untersuchung weiter nach Rom. Dieser neue Weg bleibt allerdings hinter der Forderung der RKZ zurück. Sie verlangt, dass es eine unabhängige Stelle geben soll, die bistumsübergreifend alle Fälle untersucht. Laut Bistum Basel hat sich Bischof Felix Gmür in Rom dafür eingesetzt, die Verhandlungen seien am Laufen.
Was machen die Kantonalkirchen? Die halten den Druck aufrecht. So wollen etwa einzelne Kirchgemeinden im Kanton Luzern ihre Gelder an den Bischof zurückhalten, bis bei der Aufarbeitung und Prävention von sexuellem Missbrauch in der römisch katholischen Kirche wirklich Fortschritte erzielt werden.