2.3 Millionen Schweizer Franken, so viel zahlt die römisch-katholische Zentralkonferenz (RKZ) jedes Jahr an die Bischofskonferenz. Dazu kommen noch mehrere Millionen von den kantonalen Landeskirchen an die Bistümer. Seit der Veröffentlichung der Studie zum sexuellen Missbrauch in der römisch-katholischen Kirche rumort es. «Das Vertrauen, auf dem eingeschlagenen Weg innerhalb nützlicher Zeit eine massgebliche Verbesserung der Situation zu erreichen, ist angeschlagen», sagt Urs Brosi, Generalsekretär der RKZ.
Nun stellt die RKZ weiterführende Forderungen zu den Massnahmen, welche die Bischofskonferenz genau vor einer Woche vorgestellt hat. Sollten die Forderungen nicht erfüllt werden, schlägt das Präsidium den Mitgliedern vor, die finanziellen Mittel an die Bischofskonferenz und die Bistümer zu reduzieren oder gar zu streichen. «Die RKZ hat diese Möglichkeit, sie hat aber noch nie davon Gebrauch gemacht», sagt Brosi.
Externe Fachperson für die Voruntersuchung von Bischof Bonnemain
Joseph Maria Bonnemain, Bischof von Chur, ist von Rom beauftragt worden, eine Voruntersuchung wegen möglicher Verstösse durch vier Mitglieder der Bischofskonferenz zu führen und darüber einen Bericht zu verfassen. Eine externe Fachperson soll zusammen mit Bonnemain die Untersuchung leiten. Urs Brosi erzählt: «Wir haben sogar schon eine potenzielle Zusage von einem ehemaligen stellvertretenden Bundesanwalt. Wir sind froh, eine hochkarätige Person gefunden zu haben, die bereit ist, diese Aufgabe zu übernehmen.»
Kontrollfunktion der unabhängigen Meldestelle
Eine der an der Medienkonferenz vorgestellten Massnahmen ist die Errichtung einer schweizweiten unabhängigen Meldestelle. Diese soll jedoch nicht nur Meldungen entgegennehmen und weiterleiten, sondern eine Kontrollfunktion über das weitere Verfahren wahrnehmen können.
Dafür muss sie über die jeweiligen Verfahren und Untersuchungen informiert werden. Erhält sie keine Informationen oder sind diese unzureichend, soll die Meldestelle ein Interventionsrecht erhalten.
Errichtung eines interdiözesanen kirchlichen Strafgerichtshofs mit Beteiligung der RKZ
Heute liegt es in der Entscheidungskompetenz des Bischofs, ob eine Missbrauchsmeldung zu einer Voruntersuchung führt und eine Voruntersuchung zu einer Anklage. Die römisch-katholische Kirche kennt keine Gewaltenteilung. «Das Präsidium der RKZ würde es begrüssen, wenn für die Schweizer Diözesen auch eine interdiözesane Stelle zuständig wird, um kirchliche Strafverfahren zu führen», so Brosi. Das Gericht soll etwa auch Frauen sowie Fachpersonen aus Psychologie und Rechtswissenschaften mit einbinden.
Das partnerschaftliche Leben ist Privatsache
«Für Mitarbeitende kann es noch immer ein Kündigungsgrund sein, wenn man nach einer zivilrechtlichen Scheidung heiratet oder über längere Zeit im Konkubinat lebt oder gleichgeschlechtliche Partnerschaften führt. Damit soll Schluss sein», fordert die RKZ. Das partnerschaftliche Leben soll in Zukunft – abgesehen von den zum Zölibat verpflichteten Personen – weder anstellungs- noch kündigungsrelevant sein.
Man wolle mit diesen Forderungen am bestehenden System ritzen. Für Brosi der einzige Weg: «Es braucht Mut und es muss mehr passieren, damit sich etwas bewegt. Wenn wir immer dem System loyal bleiben, werden wir nicht weiterkommen.» Die Forderungen gehen nun ins Konsultationsverfahren an die Delegierten der RKZ. Anfang Dezember soll dann die Entscheidung über die Forderungen getroffen werden.