Mode in Museum oder Galerie ist zu einem publikumswirksamen Trend geworden. Ob Jean-Paul Gaultier, Steve McQueen, Giorgio Armani oder Yves Saint Laurent: Solche Namen bedeutet Besucherscharen für den Ausstellungsort – und Markenwerbung für die Designer.
Doch Skeptiker können sich entspannen: Das MoMA, das seine einzige und letzte Modeausstellung im Jahr 1944 hatte, beugt sich dem Trend zu Glitter und Glamour nicht.
Nüchterne Präsentation
Beim Besuch der Ausstellung im sechsten Stockwerk ist zunächst keine Mode zu sehen. Stattdessen: eine weisse Wand mit einer Liste.
Darauf sind die 111 ikonischen Modegegenstände aufgeführt, die zu sehen sein werden.
So nüchtern wie ihre Einführung ist die Präsentation selbst: Die meisten Objekte verbergen sich in Glasvitrinen. Manche befinden sich an der Wand befestigt, hinter einer Absperrung.
Designschau mit Mode
Die MoMA-Kuratorin für Architektur und Design, die aus Mailand stammende Paola Antonelli, hatte seit Jahren eine Liste mit Modegegenständen mit sich herumgetragen, die «die Welt veränderten», wie sie sagt. Sie wollte sie deshalb ins MoMA-Archiv stellen.
Ihr Chef Glenn Lowry riet ihr – wenn schon, denn schon – zu einer Ausstellung. «Es handelt sich um eine Designschau mit Mode im Mittelpunkt», sagt Paola Antonelli heute glücklich. Anhand der einzelnen Modegegenstände würde das MoMA bestimmte Zeitperioden und Themen aufarbeiten sowie ihre Symbolkraft thematisieren.
Symbolkraft des Hoodies
Ein Beispiel dafür: die Kapuzenjacke, auch «Hoodie» genannt. Sie wurde seit den 1980er-Jahren durch den afroamerikanischen Hip-Hop zu Mode, war aber bereits davor verbreitet.
«In den 1930er-Jahren hielt er Athleten warm, dann trugen ihn Arbeiter in Kühlhallen, später College-Sportler, ihre Freundinnen und in den 1980er-Jahren junge Skateboarder, die nicht gesehen werden wollten», erläutert die Kuratorin. Der Hoodie sei funktional und schutzbietend. Und: «Er vermittelt dem Träger den Eindruck, unsichtbar zu sein».
Vom Sport auf die Strasse
Auch der Trainingsanzug wurde zur Strassenmode. Ausserhalb des Sports war er schon Anfang der 1970er-Jahre durch den Kung-Fu-Filmstar Bruce Lee bekannt. Das MoMA zeigt ein Exemplar des roten Zweiteilers mit den weissen Streifen. Heute hat er mehr mit Coolness auf der Strasse zu tun denn mit Sport.
Einfach geschnitten wie Trainingsanzug und Hoodie ist auch das sogenannte kleine Schwarze: ein schmales schwarzes Abend- oder Cocktailkleid. Antonelli deutet auf eine ganze Reihe von kleinen Schwarzen hinter Glas.
Statt eines ikonischen Gegenstands handle sich «eher um ein Konzept», sagt Antonelli: «Die Farbe bleibt, aber die Schnitte verändern sich.»
Ursprünglich ein Totengewand
Das Mode-Original von 1926, hinter Glas zu sehen, stammt von Chanel. Dass das schwarze Kleid ursprünglich Trauerbekleidung war, zeigt ein Objekt, das aus der Reihe fällt und eine gewisse Schockwirkung auslöst: das «Little Black Death Dress» einer liegenden Puppe ist ein Totengewand. Es verwandelt sich von Weiss in Schwarz, wenn die Trauernden näher kommen. Dafür sorgt die eingebaute Wärmetechnik.
Neben Kleidung zeigt das MoMA auch Ohrring, Plattformschuh, Armbanduhr, Anstecker oder Walkman. Laut MoMA-Direktor Glenn Lowry orientiert sich das Konzept an «Prototypen, Archetypen und Stereotypen».
Die Ausstellung wolle vermitteln, «wie ein Gegenstand in unser Bewusstsein eindringt und damit zu einem Gegenstand mit einer Bedeutung wird.»
Sportshirt als Symbol
Das zu erkennen, fällt bei manchen Ausstellungsstücken schwer, weil ausführliche Erläuterungen fehlen. Bei anderen liegt die Bedeutung auf der Hand, etwa beim roten Footballer-Jersey von Colin Kaepernick mit der Nummer 7.
Der Athlet hatte letztes Jahr mit seinem Kniefall eine Sportler-Protestwelle gegen Rassismus ausgelöst, über die sich Donald Trump seit Tagen echauffiert. Was für die nüchterne Ausstellung wiederum Werbung bedeutet.
Sendung: Radio SRF 2 Kultur, Kultur kompakt, 12.10.17, 8.20 Uhr