Seit der Wahl Trumps boomt Bitcoin. Wie passt die Philosophie hinter Bitcoin zu Trump? «Zeit»-Autor und Bitcoin-Kenner Ijoma Mangold über eine Allianz, die Sinn macht.
SRF: Bitcoin und Trump: Sehen sie da Parallelen in der Philosophie?
Ijoma Mangold: Die Trump-Bewegung ist heterogen. Es gibt eine protektionistische Tendenz, die sich gegen die Globalisierung wendet. Gleichzeitig gibt es eine libertäre Tendenz. Ein Beispiel dafür: Vivek Ramaswamy, ein Republikaner, der mit Elon Musk das «Departement of Efficiency» leiten soll. Ein Libertärer, der staatliche Institutionen radikal zurückbauen will. Hier gibt es eine ideologische Überschneidung mit dem Geist von Bitcoin, der immer auf die Souveränität des Individuums setzt.
Trump nannte Bitcoin einst «Abzocke», nun ist er «Kryptopräsident» sein. Eine Überraschung?
Es ist klar, dass eine neue Anlageklasse wie Bitcoin erst auf Abwehr trifft. Das war bei Trump so wie bei der Mehrheit der Weltgesellschaft. Trump sah sofort: Bitcoin ist eine Herausforderung an die Geldordnung und befördert, was man in Analogie zur Trennung von Staat und Kirche die Trennung von Staat und Geld nennen könnte.
Man – auch Trump – war für Bitcoin nicht bereit?
Bitcoin wurde lächerlich gemacht: Das taugt nichts, wird bald bei Null sein. Oder man dämonisierte es, sagte etwa, dass Bitcoin nur Drogenbossen bei der Geldwäsche hilft. Wenn Ridikülisierung und Damönisierung nicht mehr funktionieren, ist die dritte Strategie die Umarmung. Schon vor der Wahl Trumps kam die Welt an diesem Punkt an.
Ich glaube nicht, dass Trump Bitcoin verstanden hat. Ich bin aber dafür, den Diskurs zu entpersonalisieren.
Spätestens im Januar 2024, als die amerikanische Börsenaufsicht einen Bitcoin-ETF gebilligt hat. Seither haben die grössten Vermögensverwalter der Welt Bitcoin-ETFs aufgelegt. Die radikal antiinstitutionelle Anlageklasse ist im Herzen des Finanzsystems angekommen. Eigentlich paradox.
Fördert Trump Bitcoins deshalb? Weil sie für «Anti-Institution» stehen?
Ich weiss nicht, was in seinem Kopf vorgeht. Ich glaube nicht, dass er Bitcoin verstanden hat. Ich bin dafür, den Diskurs zu entpersonalisieren. Spannender ist: Welche Handlungen stehen nun an?
In der vorherigen Legislaturperiode gab es in beiden Parteien Bitcoin-Befürworter. Nun gibt es im Senat und im Repräsentantenhaus eine klare Mehrheit für die Kryptoindustrie. In der Exekutive gibt es viele Bitcoiner. Etwa Robert F. Kennedy Jr., der künftige Gesundheitsminister, der einen Grossteil seines Vermögens in Bitcoin angelegt hat. Howard Lutnick ist ein Bitcoin-Bulle, er dürfte Handelsminister werden.
Bitcoin ist für alle da.
Auch auf der regulativen Ebene wird es Personalwechsel geben. Gary Genssler, der Chef der Börsenaufsicht SEC, ein kluger Kopf, der aber der Krypto-Industrie Knüppel in den Weg legte, dürfte den Hut nehmen. Trump ist mit dem Versprechen angetreten, dass Amerika das Kryptoland schlechthin werden soll. Ich rechne damit, dass viel passiert, was die Kryptoindustrie expandieren lässt.
Musk, Sprachrohr der Kryptoindustrie, ist mächtiger denn je. Mehr Kryptowährungen, weniger Staat, mehr Freiheit für Reiche: die Zukunft der USA?
Machtkonzentration ist immer ein Problem – das stimmt mich auch skeptisch. Ändert aber nichts daran, dass Bitcoin ein Freiheitsversprechen ist und Prosperität für alle ermöglicht. Bitcoin ist lange eine Graswurzelbewegung gewesen. Sie sollte sich deshalb nicht mit Trump ins Bett legen, aber bei einem freiheitlichen Geld kann auch niemand verhindern, dass Staaten ihre Währungen durch eine Bitcoin-Reserve absichern. Bitcoin ist für alle da.
Das Gespräch führte Danja Nüesch.