«Gott hat uns diese Sprache ins Herz gelegt. Wenn ich bete, dann bete ich nicht auf Hochdeutsch, sondern in meiner Muttersprache. Ich bete auf Berndeutsch», sagt der christkatholische Pfarrer Frank Bangerter im Interview mit SRF.
Anfang Februar führt er durch eine Jodelmesse in der Zürcher Augustinerkirche. Das Besondere: Fast der gesamte Gottesdienst ist auf Schweizerdeutsch.
Das klingt dann etwa so: «Heilige Gott, du bisch unsägbar grösser als mir Mönsche begriife. Du wonnsch im unzuegängliche Liecht, und doch bisch du üs ganz nöch…»
Mundart macht die Messe
Viele Besucherinnen und Besucher der Jodelmesse sind begeistert von der Mundart. Schweizerdeutsch im Gottesdienst gehe ihnen viel mehr unter die Haut.
Es gibt aber auch kritische Stimmen, die sagen, Hochdeutsch klinge festlicher und ermögliche eine gewisse Distanz zum Alltag.
Warum polarisiert Mundart im Gottesdienst so sehr? Ist Schweizerdeutsch nicht genauso liturgiewürdig wie Hochdeutsch?
Dialekt schafft Nähe
Diese Fragen kann der Liturgie-Experte Josef-Anton Willa klären. Der römisch-katholische Seelsorger in der Pfarrei St. Marien in Bern hat sich mit den Chancen und Grenzen von Mundart im Gottesdienst auseinandergesetzt.
Mundart sei auf jeden Fall liturgiewürdig, sagt er. Den Vorteil von Schweizerdeutsch sieht er vor allem darin, dass man näher bei den Leuten sei.
Emotionale Themen und Beziehungspflege in der Gemeinde würden auf Mundart viel besser funktionieren. So würde er selbst etwa bei gewissen Ansprachen oder auf Beerdigungen Schweizerdeutsch sprechen.
Beten bitte nur auf Hochdeutsch
Hochdeutsch wiederum sei eine religiöse Fachsprache. Sie eigne sich in unterschiedlichen Sprechakten im Gottesdienst besser, etwa bei einem Hochgebet in der Eucharistie oder bei einer Lesung aus der Bibel.
Oder bei den liturgischen Interaktionen mit der Gemeinde, wenn der Pfarrer sagt: «Der Herr sei mit euch.» Dann antwortet die Gemeinde mit: «Und mit deinem Geiste».
Wenn dabei jeder und jede in seiner oder ihrer Mundart antworten würde, würde die Einheit im Kirchensaal fehlen. Hochdeutsch sei nun einmal der grösste gemeinsame Nenner, was das Verständnis angeht, sagt Josef-Anton Willa.
Es komme auf die richtige Mischung zwischen Mundart und Hochdeutsch im Gottesdienst an, sagt der Experte. Das gelte wohl für alle drei Landeskirchen.
Mundart in Massen
Doch: Obwohl Mundart aktuell im Trend zu sein scheint, sollte man nicht danach streben, alles nur noch auf Mundart zu machen.
Einerseits würden Menschen ausgeschlossen, die kein Schweizerdeutsch verstehen. Die Kirche verstehe sich zudem als ein Teil von etwas Globalerem. Man dürfe nicht riskieren, ins Provinzielle abzudriften, sagt Theologe Josef-Anton Willa.
Andererseits dürfe eine gewisse Distanz zum Alltag durchaus spürbar sein, da Gott ja auch etwas Grösseres sei als unsere alltägliche Lebenswelt.
Auch der christkatholische Pfarrer Frank Bangerter führt seine Gottesdienste oft und grösstenteils auf Hochdeutsch durch. Doch die Jodelmesse angesprochen, die fast ausschliesslich auf Mundart ist, sagt er: «Diese Messe – der Jodelchor, die Gemeinde und ich – ist durch das Schweizerdeutsch wie ein Gesamtwerk, das dadurch auch bei mir stärker die Emotionen weckt.»