Die Jahre zwischen 2013 und 2015 müssen zu den schwersten in Joe Bidens Leben gehören. 2013 erfuhr er, dass sein ältester Sohn Beau an einem bösartigen Hirntumor erkrankt war. 2015 musste er ihn zu Grabe tragen. Von dieser prägenden Zeit erzählt Joe Biden im Buch «Versprich es mir. Hoffnung am Rande des Abgrunds».
Eine Mischung aus Privatem und Politischem
Biden war damals US-amerikanischer Vizepräsident unter Barack Obama und gleich in zweifacher Hinsicht extrem gefordert: einerseits damit, seinen Sohn zu begleiten. Andererseits damit, die grosse politische Verantwortung wahrzunehmen. Sein Buch ist deshalb auch eine Mischung aus persönlichem und politischem Bericht.
Die Begegnung mit Wladimir Putin
In politischer Hinsicht spricht Biden vor allem von zwei, drei herausragenden Ereignissen während seiner Vizepräsidentschaft: zum Beispiel vom Ukraine-Konflikt und vom Kampf gegen die Terrormiliz «Islamischer Staat» im Irak.
Auch eine Begegnung mit Wladimir Putin wird thematisiert. Damals soll Biden zu Russlands Oberhaupt gesagt haben: «Herr Ministerpräsident, ich sehe Ihnen in die Augen. Ich glaube nicht, dass Sie eine Seele haben.» Putin soll daraufhin gelächelt, und gesagt haben: «Wir verstehen einander.»
Der weitaus grösste Teil des Buchs widmet Joe Biden aber seiner Familie. Insbesondere seinem Sohn Beau. Er setzt ihm ein Denkmal. Erzählt, was für ein aussergewöhnlicher Mensch Beau Biden war und wie er seiner Krankheit mutig die Stirn bot. Es ist die bewegende Erzählung eines liebenden Vaters, der zu seinem Sohn aufschaut und alles daransetzt, ihm zu helfen.
Aus der Kraft der Familie schöpfen
Biden zeichnet aber auch das Bild einer Familie, die sich unterstützt, die zusammenhält und die Hoffnung fast nie verliert. Er beschreibt, wie man sich auch an den dünnsten Strohhalm klammerte und sich an jedem noch so kleinen Erfolg aufrichtete.
Aber er erzählt auch, wie er als Vater an seiner Verzweiflung oft fast zerbrach, wie er zum Beispiel aus offiziellen Terminen fliehen musste, weil ihn die Gefühle überwältigten.
Diese Verletzlichkeit macht Joe Bidens Buch lesenswert. Er erzählt authentisch, aber niemals voyeuristisch. Manchmal trägt er zwar etwas gar dick auf, wenn er den Biden-Clan als Bilderbuchfamilie präsentiert oder sich in medizinischen Details in Bezug auf die Krankheit seines Sohnes zu verlieren droht. Aber man spürt: Er meint, was er schreibt.
Trauer und Verlust begleiten ihn
Er hat schon früh erlebt, wovon er schreibt. Als junger Mann erlitt Joe Biden schon einmal einen grossen Verlust: Bei einem Verkehrsunfall starben seine erste Frau und die kleine Tochter. Es waren seine beiden Söhne, die ihn am Leben hielten, schreibt er.
Trost empfangen und Trost geben, Mitgefühl für andere zeigen und es sie spüren lassen – auch das ist ein wichtiges Thema in Bidens Buch. Die Erkenntnis, dass es Wege gibt, um auch aus dem dunkelsten Tunnel zu finden.
«Versprich mir, Dad, dass du klarkommst»
Stärke verleiht Joe Biden ein Versprechen, das ihm sein Sohn Beau abgenommen hat: «Versprich mir, Dad, dass du klarkommst, ganz egal, was passiert.» Beau meinte damit, dass sein Vater weiterkämpfen solle für das, woran er glaubt.
Unmittelbar nach Beaus Tod war Biden das nicht möglich – Joe Biden entschied sich, 2016 nicht für das Amt des US-amerikanischen Präsidenten zu kandidieren. Nun – vier Jahre später – hat er die Wahl gewonnen. Als vom Leben gezeichneter Mann, der trotz allem immer noch aufrecht steht.