Die Stimmung in der Schweiz ist ambivalent – das geht aus den neusten Erhebungen des Generationenbarometers hervor. 71 Prozent der Schweizerinnen und Schweizer blicken pessimistisch in die Zukunft. Gleichzeitig sind 90 Prozent mit ihrem Leben zufrieden.
Till Grünewald leitet das Berner Generationenhaus und ordnet die Zahlen so ein: «Neun von zehn Menschen geben an, dass sie mit ihrem Leben eher oder sogar sehr zufrieden sind.» Auffällig sei, dass in der älteren Bevölkerung die Zufriedenheit grösser sei, während bei den unter 25-Jährigen die Lebensunzufriedenheit mit 21 Prozent überwiege.
Drei von vier Befragten sagen, unabhängig vom Alter, dass das Weltgeschehen zu ihrer Unzufriedenheit beiträgt.
Gleichzeitig sind junge Menschen besonders pessimistisch, was ihre Zukunft angeht: «71 Prozent der Bevölkerung blicken pessimistisch in die Zukunft. Das ist deutlich mehr, als es noch vor zwei Jahren der Fall war.»
Hinzu komme ein Gefühl von Handlungsunfähigkeit und Machtlosigkeit. Till Grünewald führt diese Ergebnisse unter anderem auf die Weltlage zurück.
Fokus auf persönliches Glück
«Drei von vier Befragten sagen, unabhängig vom Alter, dass das Weltgeschehen zu ihrer Unzufriedenheit beiträgt.» Auch, dass man beim Klimawandel früher noch davon gesprochen hätte, dass man ihn noch aufhalten kann und heute nur noch davon spreche, wann die Katastrophe eintreffen werde, nähre diesen Zukunftspessimismus.
Dennoch ist laut der Studie die Mehrheit der Bevölkerung zufrieden mit ihrem Leben. Wie passt das zusammen? Till Grünewald vermutet, dem persönlichen Glück werde wieder mehr Beachtung geschenkt: «Wir deuten es so, dass vor allem Faktoren wie Beziehungen, Gesundheit, Familie und Partnerschaft die Lebenszufriedenheit über alle Generationen hinweg positiv beeinflussen.»
Ein Land, zwei Pole?
Ein weiteres Thema der Befragung war die in Medien diskutierte Polarisierung im Land. Zwei Drittel der Befragten glauben, dass die Schweiz auseinanderdriftet: sowohl politisch zwischen links und rechts als auch zwischen Arm und Reich.
Und: Rund die Hälfte der unter 26-Jährigen sehen einen Generationengraben. Generell nehmen junge Generationen in fast allen Bereichen eine stärkere Spaltung der Gesellschaft wahr als ältere.
Familiäres Erbe ist besonders wichtig
Auch das Thema Erben wurde im Generationenbarometer erhoben, aber nicht nur das finanzielle Erbe, sondern auch die Weitergabe von Überzeugungen und Traditionen. Über 80 Prozent der Schweizer und Schweizerinnen finden es wichtig, Traditionen an die nächste Generation weiterzugeben.
Besonders wichtig sind den Befragten familiäre Umgangsformen, die das tägliche Zusammenleben prägen. Damit sind Werte wie gegenseitiger Respekt, Höflichkeit, ein unterstützendes Miteinander und Rituale wie das gemeinsame Verabschieden oder Begrüssen gemeint.
Gesellschaftliche Veränderungen prägen uns
Für das Berner Generationenhaus sind die Ergebnisse aus der Studie wichtig, um den sozialen Zusammenhalt innerhalb der Gesellschaft zu fördern. Auch wenn der Begriff «Generation» wissenschaftlich umstritten ist, zeigen sich Effekte, die je nach Alter variieren. Was uns alle eint, ist, dass einschneidende gesellschaftliche Veränderungen, wie zum Beispiel die Pandemie oder der Krieg in der Ukraine, die Gesellschaft prägen – und das über alle Altersgruppen hinweg.