Wie steht es um das Zusammenleben von Jung und Alt in der Schweiz? Der jährlich erscheinende Generationenbarometer hat den Puls genommen. Fazit: insgesamt nicht schlecht. Eine Generation fühlt sich allerdings zusehends benachteiligt. Drei Erkenntnisse aus der Studie.
1. Generationengraben: erstmals ein zentrales Thema
Als Konfliktlinie im Vordergrund stand bisher im Generationenbarometer die Vermögensschere. 2021 waren es dann die Corona-Massnahmen. Das hat sich nun geändert – für die Jungen. Zwar ortet nur jede fünfte Person über 45 Jahre einen Generationengraben. Doch spricht eine Mehrheit (57 Prozent) der 18- bis 25-Jährigen davon, dass Jung und Alt auseinanderdrifteten.
«Das sind nicht nur sehr viele Junge, sondern viel mehr als in den letzten Jahren. Das müssen wir ernst nehmen», sagt Till Grünewald. Er ist Gesamtleiter des Generationenhauses in Bern, des Auftraggebers der Studie. Zum Vergleich: 2021 sprach nur jeder Vierte aus der sogenannten «Generation Z» von einem wachsenden Generationengraben.
Krisen treiben Generationen grundsätzlich auseinander.
Eine Erklärung für diese Entwicklung sieht Soziologe und Generationenforscher François Höpflinger in den Krisen der letzten Jahre. So hätten die Jungen ganz besonders unter der Pandemie gelitten. Dazu überschattet der Klimawandel ihre Zukunft. Und: «Krisen treiben Generationen grundsätzlich auseinander. So hat man die grössten Differenzen lange Zeit zwischen Kriegs- und Nachkriegsgeneration festgestellt.»
2. Menschen sind zufriedener – aber nicht die Jungen
Im Vergleich zu den Vorjahren ist die Zufriedenheit in der Bevölkerung gestiegen. Fast neun von zehn Befragten geben an, mit ihrem Leben zufrieden zu sein. Allerdings gibt es grosse Unterschiede zwischen den Generationen: Von den älteren Befragten (über 55 Jahre) ist fast die Hälfte «sehr zufrieden». Bei den Befragten zwischen 18 und 25 Jahren ist es nur noch jede Fünfte.
Damit sind die Jungen im Lauf der letzten Jahre deutlich unzufriedener geworden: 2020 bezeichnete sich noch jeder Dritte aus der «Generation Z» als sehr zufrieden.
Aus Sicht der Jungen ist das Generationenversprechen nicht mehr gültig.
Grünewald erklärt diese wachsende Unzufriedenheit unter anderem damit, dass das Generationenversprechen aus Sicht der Jungen gebrochen wurde: «Es besagt, dass es mir selbst besser gehen wird als meinen Eltern. Und meinen Kindern wiederum besser als mir. Aus Sicht der Jungen ist das nicht mehr gültig. Das ist ein Paradigmenwechsel.»
Eine Rolle spielen auch unterschiedliche Definitionen von Lebensqualität. Bei den älteren Menschen stehe der materielle Wohlstand im Vordergrund, sagt Generationenforscher Höpflinger: «Bei den Jungen gelten andere Massstäbe. Soziale Beziehungen etwa werden höher gewichtet.»
3. Enkelhüten: Bitte entlöhnen!
Der Generationenbarometer hat dieses Jahr auch den Enkel-Hütedienst ausführlich thematisiert. Fazit: Eine klare Mehrheit der Befragten (65 Prozent) findet, dass der Enkel-Hütedienst nicht gratis sein, sondern von der öffentlichen Hand vergütet werden sollte.
Die Debatte um ehrenamtliche Arbeit ist lanciert, um ihren Wert für die Gesellschaft.
Als Vergütung am häufigsten (33 Prozent) genannt werden Betreuungsgutschriften für die AHV. Das sind Beiträge, welche dem rentenbildenden Einkommen angerechnet werden. 19 Prozent der Befragten nennen Steuererleichterungen als Vergütung für den Enkel-Hütedienst und 13 Prozent finanzielle Beiträge durch die öffentliche Hand.
Für Grünewald vom Generationenhaus ist dies ein Fingerzeig auf anstehende gesellschaftspolitische Diskussionen: «Die Debatte um ehrenamtliche Arbeit ist lanciert, um ihren Wert für die Gesellschaft. Und darüber, was da geleistet wird oder dass es vor allem von Frauen geleistet wird.»