Als Mensch hat Yannick Gubler Verständnis dafür, dass die junge Generation mehr Wert auf Selbstverwirklichung legt: «Menschen sind schliesslich keine Maschinen».
Als Unternehmer bringen ihn die Ansprüche, die er von Bewerberinnen und Bewerbern hört, in eine schwierige Situation. «Am liebsten hätte man mehr Freizeit, mehr Ferien – und das bei gleichbleibendem Lohn. Das ist schlicht nicht realisierbar.»
Yannick Gubler ist Gründer des Kinderkrippen-Vereins Güxi und führt zwölf Krippen in Zürich mit 300 meist jungen Angestellten. Bisweilen kämen die genannten Ansprüche in Verbindung mit einer Drohung: «Entweder ich kriege das oder das, sonst gehe ich zur Konkurrenz.»
Ein «Erste-Welt-Problem»
Max Müller kennt die Sorgen. Sein Unternehmen Daimani verkauft VIP-Tickets für Sport- und Kulturanlässe inklusive gehobenem Rahmenprogramm. Wer für ihn arbeitet, arbeitet oft dann, wenn andere freihaben. Müller stellt insbesondere seit dem Ende des Corona-Lockdowns fest, dass junge Bewerber immer weniger dazu bereit sind.
Die Forderungen: «Sehr oft sehr klare Arbeitszeiten», sagt Müller, «oft das Klassische: 8 bis 17 Uhr oder 9 bis 18 Uhr, vier bis fünf Tage die Woche». Arbeitszeiten, die in seiner Branche nicht realistisch sind.
Zu Ohren kommen sie ihm vorwiegend in den Büros in der Schweiz und Deutschland. Müller hat auch Büros in London, Paris, Mumbai, Hongkong und São Paulo. «Dort haben wir diese Probleme nicht, es scheint eine Erste-Welt-Thematik zu sein.»
Zu wenig flexibel, zu viel Wunsch nach Freizeit: Es sind Aussagen, die Yannick Blättler nicht gerne hört. Er, der mit 29 Jahren selbst zur jungen Generation gehört, sagt: «Ich habe Mühe mit diesen pauschalisierenden Aussagen. Man sieht immer nur Probleme statt Chancen.»
Die Chancen gibt es, sonst würde es Blättlers Firma Neoviso nicht geben. Das Luzerner Unternehmen berät Firmen, darunter Banken, Industrie- und Stromkonzerne, im Umgang mit der jungen Generation Z. Die Nachfrage nach seinen Diensten ist so gross, dass Blättler mittlerweile 27 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter beschäftigt, meist junge.
Firmen haben Wahl: Entgegenkommen oder Personalmangel
Die junge Generation sei durchaus bereit, zu leisten, sagt Blättler. Firmen, die sie als Arbeitnehmende gewinnen wollen, müssten sie aber bei den richtigen Themen packen: Nachhaltigkeit, Gesellschaftsthemen, Technologie. Diese Themen müssten Firmen in den Arbeitsalltag einbauen und den Jungen darin Verantwortung übertragen. Und ihnen die Möglichkeit geben, sich selbst zu verwirklichen. «Selbstverwirklichung – das ist etwas vom Wichtigsten», sagt Blättler.
Selbstverwirklichung – das ist etwas vom Wichtigsten.
Letztlich müssten Firmen, insbesondere beim aktuellen Fachkräftemangel, selbst entscheiden, ob sie den Bedürfnissen der Jungen entgegenkommen wollen oder nicht, sagt Blättler. «Wer es macht, macht das Rennen. Wer es nicht macht, wird langfristig zu wenig Personal haben und Abstriche auf der Kundenseite machen müssen.»
Nur ist das mit dem Anpassen so eine Sache. VIP-Ticket-Unternehmer Max Müller sagt, in seiner Branche arbeite man nun mal oft abends und an Wochenenden. Da könne er keine Abstriche machen.
Seine offenen Stellen besetzt er zunehmend mit älteren Personen. Menschen, deren Kinder ausgezogen sind, was ihnen neue Freiheiten gibt – und mehr Flexibilität im Job. «Oder wir finden Bewerber ausserhalb der Schweiz», sagt Müller.