Papst Franziskus scheint heute Morgen keine Eile zu verspüren in den Petersdom zu gelangen: Mit dem Papamobil fährt er alle frei befahrbaren Wege durch die Menschenmassen auf dem Petersplatz ab, als wolle er jede und jeden der Viertelmillion Gläubigen auf dem Platz persönlich begrüssen.
Ein Fischerring aus vergoldetem Silber
Das Protokoll läuft dann aber doch pünktlich und nach gewohnt vatikanischer Perfektion ab: Zuerst der Besuch am Grab des heiligen Petrus, dann der Auszug aus dem Petersdom, um die Papst-Insignien entgegen zu nehmen: das Pallium und den Petersring. Auch hier zeigt sich Papst Franziskus wieder bescheiden. Er übernimmt das Pallium seines Vorgängers, eine Art Wollschal als Zeichen des Hirtenamts, und sein Fischerring ist lediglich aus vergoldetem Silber. Diesen Ring streift er sich auch nicht selbst über, wie noch sein Vorgänger Benedikt XVI, sondern lässt ihn anlegen. Dann folgen einige Kardinäle stellvertretend für das grosse Kardinalskollegium und geloben ihrem Papst Gehorsam. Franziskus nimmt diese Gehorsamsbekundungen auffallend herzlich und auf Augenhöhe entgegen.
Eine Predigt für mehr Zärtlichkeit und Verantwortung aller für alle
Die dann folgende Predigt zeigt, wie genau hier alles zueinander passt und aufeinander verweist: Heute, am 19. März, ist der Gedenktag für den Heiligen Joseph. Dieser Joseph sei Hüter und Beschützer Marias und Jesu gewesen, und damit auch ein Beschützer der Kirche, zitiert Franziskus seinen Vor-Vorgänger Johannes Paul II. Ausserdem ist der Josephstag auch der Namenstag des emeritierten Papstes Benedikt. Und Joseph ist Patron der Weltkirche, womit wir beim Hauptthema der Inauguration sind: «Lasst uns Hüter der Schöpfungsgaben Gottes sein!» – Dafür erhält Papst Franziskus einen ersten Szenenapplaus. Wenn wir die Schöpfung nicht bewahren, dann verdorrt sie, warnt er eindrücklich. Wahre Macht bestehe im Dienen, definiert Franziskus das höchste Leitungsamt in der römisch-katholischen Kirche. In Liebe und Zärtlichkeit wolle er sein Hirtenamt für das Kirchenvolk wahrnehmen und allen Hoffnung machen.
Ein Papst, der allen Hoffnung macht?
Tatsächlich macht dieser neue Papst Franziskus vielen Menschen in und ausserhalb der römisch-katholischen Kirche Hoffnung. Die vielen Gäste heute in Rom, darunter 150 aus dem Judentum, anderen Kirchen und aus der islamischen Welt, sind ein schönes Zeichen für Geschwisterlichkeit über die Religions- und Konfessionsgrenzen hinweg.
«Francesco poverello»
Papst Franziskus Armutshaltung ist glaubwürdig, denn schon als Kardinal in Buenos Aires hat er einfach gelebt, ist U-Bahn gefahren und hat in seiner schlichten Wohnung selbst gekocht. Die Namenswahl Franziskus spricht Bände und auch für sich: Hier will einer eine neue Epoche einläuten, mit Reichtums- und Herrschaftskritik, mit Engagement für die Schöpfung, mit Kollegialität und Zärtlichkeit.