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Mann mit Bild von Papst Franziskus in den Armen
Legende: Nicht alle Argentinier haben den neuen Papst in ihre Arme geschlossen – die argentinische Regierung reagierte kühl. Reuters

Gesellschaft & Religion Papstwahl: Ein junger Priester aus Buenos Aires berichtet

Der junge Priester Eugenio Lionetto de Zorzi erfuhr von der Papstwahl im Kino – bei Quentin Tarantinos Film «Django». Dass der neue Papst, den er selbst von Gottesdiensten und Vorträgen kennt, konservativ sei, kann der 35jährige aus Buenos Aires nicht bestätigen.

Eugenio Lionetto de Zorzi sprüht vor Energie, seine Mails sind voller Ausrufezeichen. Der 35jährige Priester, der in San Fernando im Grossraum Buenos Aires eine katholische Gemeinde leitet, ist seit der Papstwahl schwierig zu erreichen. Doch wenn man den jungen, engagierten Priester endlich ans Telefon bekommt, hat man definitiv nicht das Gefühl, man telefoniere mit dem Ende der Welt.

Eugenio Lionetto de Zorzi

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Eugenio Lionetto de Zorzi ist Diözesanpriester in der Pfarrei Nuestra Señora de Aránzazu in San Fernando (bei Buenos Aires), 35 Jahre alt und Dozent im «Instituto Superior de Estudios Teológicos» der Facultad Salesiana.

«Django» und Francisco

Er sei im Kino gesessen, um sich Quentin Tarantinos Film «Django» anzusehen. «Plötzlich ist mein Handy heiss gelaufen. Ich habe es schlicht nicht geglaubt, bis mehrere befreundete Priester es bestätigt haben!» Jorge Mario Bergoglio, der Erzbischof von Buenos Aires, ist Papst geworden.

De Zorzi kennt Kardinal Bergoglio von Gottesdiensten und Vorträgen. Er sei eine unglaublich offene, starke Persönlichkeit, interessiere sich für die Menschen und könne sehr gut zuhören. «Bergoglio ist häufig zu Fuss in Buenos Aires unterwegs, und dabei räumt er extra viel Zeit ein, damit die Leute ihn ansprechen können.»

Graduelle Veränderungen

Der junge Priester will nichts davon wissen, dass der neue Papst konservativ sei: Bergoglio sei moderat fortschrittlich eingestellt, ein Mann der «cambios graduales», des behutsamen Wandels. Er habe sich beispielsweise vehement für die Rechte von Geschiedenen und Wiederverheirateten in der katholischen Kirche eingesetzt. «Sein unermüdliches Engagement gilt dem Kampf gegen die Armut in den Slums. Er hat uns Priester regelmässig ermuntert, uns nicht in der Sakristei zu verschanzen, sondern auf die Strasse zu gehen, und er hat ein Netzwerk von Priestern für die Arbeit in den Slums gegründet.»

Kardinal Bergoglio nehme kein Blatt vor den Mund, wenn es darum geht, Missstände in der Politik anzuprangern. Mit seiner Kritik an der Korruption in der gegenwärtigen Regierung von Cristina de Kirchner sei er zu einer wichtigen Oppositionsfigur geworden. Kirchners Gratulation zur Papstwahl fiel entsprechend kühl aus.

Auch die Anschuldigungen, der Jesuit und heutige Papst habe zu Zeiten der Militärdiktatur eine zwielichtige Rolle gespielt, habe Mitbrüder nicht vor der Verfolgung geschützt und sich dadurch mitschuldig gemacht, lässt de Zorzi nicht gelten. Diese Gerüchte würden vor allem von der regierungsnahen Presse regelmässig verbreitet und seien nicht richtig. In dieser Einschätzung ist de Zorzi nicht allein: Selbst Leonardo Boff, der legendäre brasilianische Befreiungstheologe, betonte kurz nach der Papstwahl, die Vorwürfe an Bergoglio seien nicht haltbar und nie bewiesen worden. Im Gegenteil, Bergoglio habe Verfolgte damals versteckt und ihnen geholfen.

Enorme Erwartungen

«Die Kirche hat sich in den letzten Jahren zu einer ‹agencia internacional de moral› entwickelt», zu einer internationalen Moralagentur, kritisiert de Zorzi.  Am dringendsten seien Reformen im Bereich der Rolle der Frau in der Kirche, in der Sexualmoral, in der Haltung zur Homosexualität, zu Wiederverheirateten und zu Verhütungsmitteln.

Und wenn de Zorzi schon wünschen darf, dann erwähnt er auch die dringend nötige Dezentralisierung der Kirchenleitung: Eine rasche Reform der vatikanischen Kurie sei nötig. Auch eine neue Liturgiereform stehe an, und vor allem dürfe kein Rückschritt zum alten lateinischen Ritus erfolgen. Hat de Zorzi Angst vor Enttäuschungen? Wenn der neue Papst Franziskus nicht all diese Reformen verwirklichen könne, werde er zumindest die Grundsteine dafür legen, ist der Priester überzeugt.

Anzahl Gottesdienstbesucher nicht entscheidend

In der Pfarrei zählt Eugenio Lionetto de Zorzi die Gottesdienstbesucher nicht jeden Sonntag nach, wie er das im Gespräch in Europa oft von Pfarrern gehört hat. Auch seine Kirche ist nicht immer voll. Was für ihn mehr zählt, ist das Engagement der Leute in der Gemeinde: Es gibt Suppenküchen, Arbeitsbörsen, Nothilfe für Bedürftige. Vor allem Jugendliche zwischen 17 und 24 sowie ältere Menschen arbeiten in mehreren Aktionsgruppen.

Grenzen der Fortschrittlichkeit

Die Fortschrittlichkeit des neuen Papstes hat an einer Stelle ihre Grenzen: Jorge Mario Bergoglio ist ein dezidierter Gegner der Homosexuellen-Ehen. Ob er als Papst die Haltung der Kirche zur Homosexualität verändern wird, wie der junge Priester fordert? Die Hoffnung stirbt zuletzt.

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