Bischöfe können nach geltendem katholischem Kirchenrecht ihr Amt mit 75 Jahren abgeben. Mit Vollendung des 75. Lebensjahres ist der Bischof «gebeten, seinen Amtsverzicht dem Papst anzubieten» (Kanon 401, Paragraph 1). So sieht es das Kirchliche Gesetzbuch von 1983 vor, der «Codex des kanonischen Rechts».
Rücktritts-Paragraph lässt fast alles offen
Anders beim Bischof von Rom: Der Papst ist als Nachfolger von Petrus und Stellvertreter von Christus auf Lebenszeit gewählt. Johannes Paul II. sprach einst davon, dass die «Vaterschaft nicht kündbar» sei und «man nicht vom Kreuz heruntersteigt». Dennoch räumt das Kirchenrecht (Kanon 332, Paragraph 2) formell das Recht auf einen Rücktritt ein, der dort allerdings nur marginal geregelt ist:
«Papst» als Amt auf Zeit?
Gleichzeitig hat er mit Ausübung seines Rechts eine neue Realität geschaffen, die nach Einschätzung von Experten zahlreiche Gefahren für das Amt selber mit sich bringt: Wird das Amt des Papstes nun zu einem Amt auf Zeit? Und bringt diese Veränderung auch eine Veränderung der Amtsausübung mit sich? Wird sich zukünftig jeder Papst früher oder später der Frage stellen müssen, ob nicht die Zeit gekommen sei, auf sein Amt zu verzichten?
Papst Benedikt XVI. galt bereits bei seinem Amtsantritt 2005 als Papst des Übergangs, auch weil er vergleichsweise alt war. Wird es nun einen jüngeren Papst geben? Und wie jung darf, wie jung kann er überhaupt sein? Soll es wieder ein Europäer sein oder nicht lieber ein Kandidat aus Lateinamerika, Asien oder Afrika?
Europäische Probleme verlangen einen europäischen Papst
Eva Maria Faber ist Theologin und Rektorin der Theologischen Hochschule Chur. Sie hat dazu eine dezidierte Meinung: Die Kirche habe noch so viele Probleme zu lösen, die im europäischen Kontext entstanden seien, dass es vorerst noch einmal einen europäischen Papst brauche. «Ich bin sehr dafür, dass es einmal einen Papst aus einem anderen Kontinenten gibt. Aber für die Probleme, die jetzt anstehen, wäre es fast ein bisschen unfair, eine Bürde.»
Welche Kompetenzen hat ein ehemaliger Papst?
Erstmals nach dem 13. Jahrhundert wird es nun einen Papst a.D., einen Papst «ausser Dienst», geben, dessen zukünftige Rolle noch nicht geklärt ist. Darf er sich Entscheidungen seines Nachfolgers einmischen? Könnte er seine Entscheide einklagen, wenn sein Nachfolger das Gegenteil beschliesst? Wie wird er sich nennen dürfen, welchen Titel tragen und wo wird er residieren?
«Ecclesia semper reformanda», heisst es – die Kirche muss sich ständig erneuern. Ein neuer Papst wird demnach die Kirche reformieren müssen, wenn er sie in die Zukunft führen will. Dies klagt auch die Theologin Eva Maria Faber ein, die die Amtszeit des Papstes als eher regressiv beurteilt. Sie erhofft sich eine Aufforderung zum freien Denken und zur freien Meinungsäusserung.
Bischof Markus Büchel ist der Präsident der Schweizer Bischofskonferenz. Er räumt im Rückblick ein, dass die Katholische Kirche der Schweiz unter Benedikt XVI. keine grossen Schritte des Wandels gegangen sei.
Bischof Büchel und Theologin Faber nehmen in der «Sternstunde Religion» ausführlich Stellung. Zu der Frage, wie es weitergeht oder zum Beispiel welche Auswirkungen die Vatileaks-Affäre und der Skandal um Richard Williamson von der Priesterbruderschaft St. Pius X. auf das Amt des Papstes hatten.