Der designierte US-Präsident Donald Trump ist dran, sein Regierungskabinett zusammenzustellen. Unter anderem verkündete er vor drei Tagen, Tom Homan werde sein neuer «border czar». Deutschsprachige Medien schreiben vom «Grenz-Zar», so auch SRF.
Man fragt sich, was der Beauftragte der US-Regierung für Grenzschutz mit einem russischen Zaren gemeinsam hat? Die Antwort: Weitreichende Macht und keine demokratische Legitimation.
«Zaren» sind Regierungsbeamte
Seit über 100 Jahren werden in den USA temporär ernannte Regierungsbeamte informell als «czar» bezeichnet. Der erste war wohl der Financier Bernard Baruch. Er wurde während des Ersten Weltkriegs von Präsident Woodrow Wilson mit der Leitung des War Industries Board betraut, das sich um die Kriegswirtschaft kümmerte.
Wegen seines grossen Einflusses nannten die Medien Baruch bald «industry czar», angelehnt an die absolute Regierungsmacht des russischen Zaren, der damals noch nicht der Revolution zum Opfer gefallen war.
Bush und Obama als Zar-Könige
Der Durchbruch für die Verwendung von «czar» für temporär ernannte Regierungsbeamte kam dann unter Präsident Franklin D. Roosevelt in den 1930er- und 40er-Jahren. Die meisten «Zaren» wurden von George W. Bush und Barack Obama ernannt – je etwa 40.
Unter George W. Bush gab es etwa einen «terrorism czar» oder einen «bird flu czar», also einen Vogelgrippen-Zaren. Und Barack Obama ernannte unter anderem einen «transparency czar» und einen «domestic violence czar», also einen Häusliche-Gewalt-Zaren.
Beauftragte für aktuelle Probleme
Die Bezeichnung «czar» ist nicht offiziell, sondern wird vor allem von den Medien verwendet. So wurde der von Barack Obama ernannte Beamte Norman Eisen «transparency czar» genannt – seine offizielle Jobbezeichnung war aber «Special Counsel to the President for Ethics and Government Reform». Klar, dass die Medien bei solch langen Titeln eine kurze, prägnante Bezeichnung bevorzugen.
An der Ernennung eines «czars» lässt sich auch ein Stück weit die politische Ausrichtung eines Präsidenten ablesen – oder die Probleme, mit denen eine Regierung zu kämpfen hat.
Bei diesen sogenannten Zaren handelt es sich nämlich nicht um fixe Ministerämter, sondern um Beamtenposten, die je nach Bedarf geschaffen werden – und wieder verschwinden, wenn sie nicht mehr gebraucht werden. Diese Praxis wird auch kritisiert, weil die Präsidenten so am Parlament vorbei politische Ziele verfolgen können.
Nicht der erste «border czar»
Tom Homan ist nicht der erste «border czar»: Seit Bill Clinton gab es unter jedem Präsidenten ausser George W. Bush zeitweise einen mit diesem Titel.
Nur scheint Donald Trump der erste Präsident zu sein, der seinen «border czar» auch selbst so nennt – und keinen offiziellen Titel für ihn hat. Kein Wunder, dass deutschsprachige Medien diesen Begriff als «Grenz-Zar» übernehmen – wenn auch bisher noch meist in Anführungs- und Schlusszeichen.