«Dani Olmo kannst du nach dieser Leistung in der nächsten Partie nicht auf die Bank setzen», sagte Manuel Köng in den Schlussminuten des Georgien-Spiels. King Köng hatte in der Causa Olmo einen Punkt. Aber ich fühlte mich nicht so recht angesprochen. Ich bin nicht Spaniens Nationaltrainer. Sondern ein Schweizer Sprachpolizist, hoch zu Steckenpferd.
Duzen im Dutzend
Dass man sich als erwachsener Mensch, der altersmässig im zentralen Mittelfeld spielt, von den durch die Bank formidablen Fussball-Fachleuten des Schweizer Fernsehens während Spielen duzen lassen muss, ist als Phänomen weder nagelneu noch besonders besorgniserregend.
Aber es scheint, das Geduze habe zugenommen. Aus gewiss gut gemeinten Gründen: Inklusion. Nahbarkeit. Ziemlich genau so «distanzlos» klingt es doch auch in fröhliche Runde nach dem Fussballtraining, wenn man sich im Pub das vorletzte Pint «ordert». File under: «Den musstest du machen, Alter.»
Das war die, zugegeben, steile Steilvorlage zum Englischen, in der Schweiz bis vor nicht langer Zeit ein Merkmal der Fachsprache Fussball. Es war immer cool, dass man hierzulande «Penalty» sagte. Oder «Corner». Ein höflicher Hofknicks Richtung Mutterland des Fussballs, auf das die Schweiz nach dem ärgerlichen «Elferaus» auch schon besser zu sprechen war. Hashtag: Düsseldoof.
Die Welt wird eine Kugel
Allerdings scheint da in der fremdsprachen-freundlichen Schweiz etwas zu kippen. Aus den «Penaltys» sind «Strafstösse» geworden. Der «Corner» kommt immer öfter aus der Ecke «Ecke» Schrägstrich «Eckball». Aus dem «Offside» wird ein «Abseits» – mit Betonung auf der zweiten Silbe. Statt «Goals» geschossen werden «Tore» erzielt.
Fakt scheint: Der Fussball wird hierzulande zuhörends hochdeutscher. Das hat seine Logik: Wo man vermehrt «arbeite» sagt statt «schaffe», wird aus dem «Captain» eben ein «Kapitän», ohne dass da etwas aus dem Ruder liefe. Sprache ist, auch Xhaka wird's wissen, nicht in Granit gemeisselt. Erst «Spielführer» wäre vermutlich ein No-Go.
Wenn der Eindruck nicht täuscht, wird an der EURO 2024 einen Tick deutsch-deutscher, was vorher schon deutsch war. Der «Ball», dieses runde Kunstleder, wird bei Köng und Co. auch mal zur «Kugel». Oder zum «Spielgerät».
Die strammste aller deutschen Wortwendungen in der schönen neuen Schweizer Fussballsprachwelt ist vielleicht diese da: «Den kriegt er nicht verteidigt.» Man vergisst, wenn es Richtung «Finale», pardon, «Endspiel» geht: Beim Fussball geht’s um alles. Aber, ernster Clause-Witz, er ist nicht die Fortsetzung des Krieges mit anderen Mitteln.
Auftritt «Whistleblower»
Immerhin hat das Überzeitwort «Kreieren», das der Niederländer Louis van Gaal in seiner Trainerzeit bei Bayern München in den bundesdeutschen Sprachraum eingeschleppt hatte, seine besten Tage hinter sich. Noch eine Weile aushalten müssen wir es mit dem «Matchplan», «Schnittstellenpass» und dem immer noch very en voguen «Umschaltmoment».
Bleibt die Ausnahme, welche die Regel der «Germanifizierung» der Fussballsprache bestätigt. Wann ist aus dem «Strafraum» eine «Box» geworden? Oh, der «Schiri» pfeift ab ... Ich werde ihn bis auf Weiteres «Whistleblower» nennen. Spät ausgleichende Selbstgerechtigkeit.