Die Bischöfe trafen sich in einem Saal des Vatikans, sassen auf Stühlen, hatten Mikrofone und Dolmetscher. Die Opfer aber, die von Priestern als Kinder oder Jugendliche sexuell missbraucht worden waren, trafen sich draussen vor dem Vatikan – bei Wind und Wetter.
Die Opfer waren nicht als gleichberechtigte Partner zu diesem Gipfel eingeladen worden. Wären sie mit am Tisch gesessen, das Treffen der Bischöfe hätte vielleicht mit konkreten Ergebnissen geendet.
Forderungen nicht erfüllt
Viele Opfer hatten vom Papst und den Bischöfen gefordert, das Null-Toleranz-Prinzip weltweit fest zu verankern. In seiner Abschlussrede versprach der Papst zwar, die Kirche werde in Zukunft keine Missbrauchsfälle mehr verheimlichen oder verharmlosen.
Er versprach aber nicht, alle fehlbaren Priester der weltlichen Justiz zuzuführen und generell vom Kirchendienst auszuschliessen.
Opfer forderten auch, die Kirche solle ihre Archive für unabhängige Untersuchungskommissionen öffnen und das päpstliche Geheimnis abschaffen, damit die ganze Wahrheit ans Tageslicht komme. Auch davon hat der Papst in seiner Schlussrede nichts gesagt.
Opfer und Experten regen seit Jahren an, die römisch-katholische Kirche müsse ihre Machtstrukturen ganz grundsätzlich überdenken: die strikte Hierarchie, den Zölibat – also die Ehelosigkeit der Priester –, oder auch den Ausschluss der Frauen vom Priesteramt. Das alles seien Faktoren, die letztlich den Missbrauch begünstigten.
Auch darauf gingen der Papst und die Bischöfe bei ihrem Treffen nicht oder nur am Rande ein.
Vieles bleibt im Dunkeln
Da bleibt unter dem Strich wenig Zählbares. Sicher: Dass erstmals in der Geschichte der römisch-katholischen Kirche ein Kinderschutzgipfel stattgefunden hat, ist allein schon bemerkenswert.
Und in Ländern wie Deutschland, den USA oder auch in der Schweiz haben die Bistümer Anlaufstellen für Opfer geschaffen. Sexuelle Übergriffe müssen bei der staatlichen Justiz angezeigt werden, einzelne Opfer wurden entschädigt.
Doch selbst in Europa ist das noch nicht an allen Orten der Fall. Im katholischen Italien etwa wurden die zahlreichen Skandale bisher nicht durch eine unabhängige Kommission aufgearbeitet. Vieles bleibt weiter im Dunkeln.
Das Problem mit der Hierarchie
Und auch der Vatikan selbst hat bisher kaum Strukturen geschaffen, den Kindsmissbrauch wirksam zu bekämpfen. So gibt es zwar eine Kommission für den Kinderschutz, aber kein eigentliches Ministerium.
Und Hans Zollner, der das Zentrum für Kinderschutz der päpstlichen Universität Gregoriana leitet, ist ein einfacher Pater – kein Bischof, kein Erzbischof und auch kein Kardinal. In der streng hierarchisch verfassten römisch-katholischen Kirche mit Sicherheit ein Nachteil.
Das Signal, das Papst und Bischöfe nun zum Kinderschutz um den Weltkreis senden, ist schwach. Opferverbände sagten dazu in Rom, der Kirche bleibe nicht mehr viel Zeit, dies zu ändern.