Die USA müssen vor dem drohenden moralischen Zusammenbruch bewahrt werden. Das ist seit den 1980er-Jahren das Ziel weisser Evangelikaler.
Die Christlichen Fundamentalisten waren und sind politisch einflussreich. Rund 80 Prozent der weissen Evangelikalen stimmten 2016 und 2020 für Donald Trump. Er setzte sich im Gegenzug für ihre Anliegen ein: In seiner Amtszeit nominierte Trump drei konservative Richter und Richterinnen für den Obersten Gerichtshof. Dieser kippte 2022 das landesweite Recht auf Abtreibung.
Schauspieler vs. Sonntagsschullehrer
Bereits in den 1980er-Jahren waren konservative Christen politisch aktiv: Damals trat der Schauspieler Ronald Reagan gegen den amtierenden Präsidenten und frommen Sonntagsschullehrer Jimmy Carter an, um US-Präsident zu werden. Vier Jahre davor konnte der Demokrat Jimmy Carter noch die gläubige Wählerschaft hinter sich vereinen.
Nun sah es anders aus: «Carter war der erste Präsident, der dafür sorgte, dass im Weissen Haus mehr Frauen und nicht-weisse Menschen eingestellt wurden», erklärt Historikerin Annika Brockschmidt. Zudem wollte er Frauen durch einen Verfassungszusatz gleiche Rechte garantieren.
Einfluss von der Kanzel
Damit machte er sich keine Freunde unter den konservativen, weissen Evangelikalen. Diese formierten sich zu einer einflussreichen Wählergruppe, die man von der Kanzel her beeinflussen konnte. Reagan konzentrierte sich in seiner Präsidentschaftskandidatur strategisch auf sie.
Brockschmidt zeichnet in ihrem neuen Buch «Die Brandstifter. Wie Extremisten die Republikanische Partei übernahmen» Reagans Hofieren und Buhlen um diese Gruppe nach: «Er übernahm ihre Sprache, versprach ihnen, was sie hören wollten und gewann sie so als loyale Unterstützer.»
Religiöse Glaubwürdigkeit war egal
Dass er geschieden, ein Frauenheld und sicher kein frommer Familienvater war, fiel dabei genauso wenig ins Gewicht wie der Fakt, dass er als ehemaliger Gouverneur von Kalifornien für eines der progressivsten Abtreibungsgesetze des Landes verantwortlich war.
Die religiöse Glaubwürdigkeit des Kandidaten schien – genau wie heute bei Donald Trump – keine Rolle mehr zu spielen.
Christians for Reagan und Trump der Erlöser
Durch kluge Wählermobilisierung christlicher Organisationen und konservativen Lobbygruppen wurde Reagan der erste, «der als Kandidat geschlossen von einer Mehrheit der weissen Evangelikalen, einem bis dahin noch kaum aktivierten Wählerblock, gewählt wurde», weiss Brockschmidt.
Dieser Einfluss auf die republikanische Partei wurde seither sukzessive aufgebaut. Damals standen auf Flyern von «Christians for Reagan» Sätze wie: «Bring Gott zurück in die amerikanische Führung und wähle Ronald Reagan zum Präsidenten der Vereinigten Staaten von Amerika». Das klingt wie heute, wo Trump als Erlöser und der Wahlkampf als ein apokalyptischer Kampf zwischen Gut und Böse inszeniert wird.
Eine christliche Nation
Heute seien die republikanische Partei und die Religiöse Rechte eins in ihrem Ziel: «ein christlich-nationalistisches Amerika zu schaffen und das Land zurück in die 50er-Jahre zu bringen», bringt Brockschmidt die Entwicklung der letzten Jahrzehnte auf den Punkt.
Und dieses Ziel lasse sich am besten mit Donald Trump erreichen, so die Überzeugung.