«Die Orte dieser Partys nenne ich Safe Space. Orte absoluter Sicherheit und voller Liebe.» So beschreibt die Israelin Shoval in der ARTE-Reportage das Supernova-Musikfestival in Israel.
Der Angriff der Terrororganisation Hamas auf das Psytrance-Festival am 7. Oktober, bei dem 364 Menschen starben, verleiht diesen Sätzen eine erschreckende Dringlichkeit. Die Geschichte einiger Überlebender, die Liebe suchten und dem Tod gegenüberstanden, wird nun in der Reportage erzählt.
Die Pflicht, den Schrecken festzuhalten
Videos der Festival-Besucher und gekennzeichnetes Propaganda-Filmmaterial der Hamas sind auch zu sehen. Knapp acht Wochen nach dem Terrorangriff bieten die Bilder in kuratierter Form mit bewegenden Originaltönen der Überlebenden erneut eine direkte Konfrontation mit dem Massaker.
Die Frage drängt sich auf: Braucht die Welt das?
Dabei gelingt es dem Film, beim Publikum genügend Bilder im Kopf zu erzeugen, um eine Ahnung davon zu bekommen, was die Menschen durchgemacht haben. Und das, obwohl kaum Leichen und Gewalttaten zu sehen sind.
Als die ersten Bilder der Terrorattacke im Netz zirkulierten, sei den Filmemachern, dem deutschen Produzenten Reinhardt Beetz und dem israelischen Regisseur Duki Dror, klar gewesen: «Wir müssen das festhalten. Das ist unsere Pflicht als Dokumentaristen», sagt Beetz.
Der Macht der Bilder widerstehen
Gleichzeitig fragten sie sich: «Können wir das machen?» Denn zweifelsohne handelt es sich bei den Videos um hochsensibles Material: Vergewaltigungen, Hinrichtungen, Geiselnahmen – ein ungefilterter Albtraum.
«Wir waren sprachlos, als wir das Material gesehen haben», sagt Beetz. «Wir hatten starke Bedenken, ob wir der Macht der Bilder widerstehen und eine neue Sprache finden können, um dem Schockzustand zu entkommen.»
Welche Bilder sind zumutbar?
Der Medienwissenschaftler Markus Krajewski von der Uni Basel beschäftigt sich mit der Wirkmacht von Bildern im Krieg. Auf die «ungefilterte Bereitstellung und Weiterleitung» von Bildern in den Sozialen Medien reagierten dokumentarische Ansätze und die Filmkunst mit einer »intensiven Reflexion«, sagt Krajewski. «Es gibt durch Bearbeitung, Dramaturgie und Auslassung eine Form der der Distanzschaffung und Verfremdung, damit die Zuschauenden das Unfassbare begreifen können.»
Panische Stimmen, Todesschreie und laute Schüsse sind im Film nur gedämpft zu hören, oft mit Musik unterlegt. Die Protagonisten beschreiben das Erlebte emotional, aber gefasst vor der Kamera und teilen so ihr Trauma mit der Öffentlichkeit.
«Wir haben uns natürlich gefragt, ob unsere Protagonisten die Interviews durchstehen können», sagt Beetz. Der Antrieb sei schliesslich von den Angefragten selbst gekommen. «Wir wollen unsere Geschichte erzählen und nicht alles den anderen überlassen», sollen sie gesagt haben.
Beim Umgang mit diesen Bildern, sagt Krajewski, seien ethische Regeln richtungsgebend. «Die Würde der Toten und Verletzen gilt es zu respektieren und zuoberst einzuordnen.» Dem folge eine «juridische Funktion» im Sinne einer forensischen Untersuchung. » Es braucht diese Bilder, um Schuld festzustellen.» Auch Beetz sieht seinen Film als eine Art Aufklärungsstück, das Propagandabilder kontextualisiert und Empathie für die Opfer leistet.