Der Angriff der Hamas auf Israel kam überraschend, auch für etablierte Medien. Gesicherte Informationen gab es wenig, gleichzeitig war das Interesse der Öffentlichkeit an den Ereignissen immens. In dieser Situation sind soziale Medien in die Bresche gesprungen und haben grossen Zulauf erfahren.
Doch viel von dem, was man in den sozialen Medien zum Krieg im Nahen Osten lesen und sehen kann ist falsch. Beim Instant-Messenger Telegram etwa, wo es kaum Moderation gibt. Oder beim Kurznachrichtendienst X (vormals Twitter).
Dort lässt sich seit neustem mit Posts auch Geld verdienen. Das verleitet manche dazu, viel zu veröffentlichen und es mit der Wahrheit nicht immer genau zu nehmen. Eine EU-Studie kam denn auch zum Schluss, dass X im Vergleich zur Konkurrenz am meisten Falschnachrichten verbreitet.
Auch echte Bilder können lügen
Trotzdem können die sozialen Medien helfen, sich einen Überblick über die neusten Ereignisse in einer Konfliktsituation zu machen. Wie man dabei Fakten von Fiktion unterscheidet, verrät zum Beispiel das auf Faktenchecks spezialisierte Recherche-Netzwerk Bellingcat.
So sollte man allen Inhalten mit einer gesunden Portion Misstrauen begegnen. Bilder und Videos etwa müssen nicht gefälscht sein, um trotzdem zu lügen – etwa wenn sie in Wahrheit etwas anders zeigen, als der Text dazu behauptet. Oder wenn sie aus einer anderen Zeit oder einer anderen Gegend stammen als behauptet.
Hier gilt es gut hinzuschauen, etwa auf Zeichen oder Beschriftungen, die einen Hinweis darauf geben, wo ein Video tatsächlich aufgenommen wurde. Bilder lassen sich auch in Googles Suchfenster ziehen, um die Suchmaschine Bilder anzeigen zu lassen, die gleich oder sehr ähnlich aussehen (Reverse Image Search). So lässt sich feststellen, ob ein Bild schon lange vor dem aktuellen Konflikt gemacht wurde.
Vorsicht bei «Breaking News»
Misstrauen ist auch bei Inhalten ohne Quellenangabe angebracht – also wenn bei Texten, Bildern oder Videos verschwiegen wird, woher sie eigentlich stammen. Diesen Tipp findet man auch im «Breaking News Consumer Handbook», das die angesehene US-Radiosendung «On the Media» jüngst zum Krieg im Nahen Osten veröffentlicht hat.
Dort gibt es noch weitere Ratschläge: Aufpassen sollte man, wenn eine Quelle in rascher Folge viele reisserische, emotional aufgeladene Posts veröffentlicht. Ist dabei immer wieder von «Breaking News» die Rede, ist zusätzliche Vorsicht nötig. Denn kaum eine seriöse Berichterstatterin schafft es, in kurzer Folge immer als erste über solche Ereignisse zu berichten.
Aufpassen, bevor man selber etwas weiterverbreitet
Ein Warnsignal ist auch, wenn jemand behauptet, in seinem Post die Meldung einer seriösen Nachrichtenquelle zusammenzufassen – aber keinen Link auf das Original setzt. So lässt sich ungestört lügen und dabei das Prestige einer Quelle in Anspruch nehmen, die selber hoffentlich viel Wert auf vorsichtige Faktenchecks legt.
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Doch von den insgesamt sieben Tipps des kurzen Handbuchs ist der letzte wohl der wichtigste. Und er lässt sich auch sehr leicht befolgen: Bevor man selber eine Nachricht in den sozialen Medien weiterverbreitet, sollte man sich stets fragen, ob man tatsächlich für die Richtigkeit des darin behaupteten garantieren kann.
Der sowieso schon grosse Haufen von falschen Meldungen in den sozialen Medien muss durch eigenes Zutun nicht noch grösser werden.