Das war abzusehen: Kaum hat das British Museum bekannt gegeben, dass es den Sponsoring-Vertrag mit dem britischen Öl-Konzern BP verlängert, hagelte es Kritik. In den nächsten zehn Jahren sollen rund 50 Millionen Pfund an das Museum fliessen.
Das Geld hat das British Museum dringend nötig: Der Bedarf für Renovationsarbeiten und Erneuerungen sei riesig, weiss SRF-Grossbritannien-Korrespondent Michael Gerber. So seien denn auch die Chancen, dass das Museum dem öffentlichen Druck nachgebe, eher gering.
SRF: Wie sind die Reaktionen in London seit der Bekanntgabe des neuen Sponsoringdeals?
Michael Gerber: Dieser Entscheid wird sehr kontrovers diskutiert. Es hagelt heftige Kritik gegen diesen Deal von Umweltaktivistinnen und -aktivisten. Sie sagen, das British Museum habe die Zeichen der Zeit nicht erkannt. Dass Kulturinstitutionen Verantwortung tragen und ein Vorbild sein müssen, auch im Kampf gegen den Klimawandel.
Gibt es auch Gegenstimmen?
Die Gegenseite sagt, es sei naiv zu glauben, man könne Kulturinstitutionen verbieten, weiter mit diesen fossilen Brennstoffanbietern zusammenzuarbeiten. BP zum Beispiel mache ja nicht illegale Geschäfte, sondern ein ganz legales Geschäft mit Gas und Öl. Das Geld käme letztlich der Allgemeinheit zugute.
Trotzdem scheinen die Negativstimmen lauter. Viele britische Kulturhäuser haben sich vom Öl-Konzern BP als Sponsor abgewandt. Warum hält das British Museum an BP fest?
Ganz einfach: Es braucht das Geld, der Bedarf für Renovationsarbeiten und Erneuerungen ist riesig. Kürzlich ist zum Beispiel in einem Saal wieder einmal Wasser eingedrungen und hat Schäden angerichtet. Die müssen behoben werden. Man hat für die nächsten Jahre einen Masterplan erstellt. Der beläuft sich auf eine Milliarde Pfund.
Noch im Sommer hiess es, man wolle sich von BP abwenden.
Ausserdem sind die Staatsfinanzen klamm. Daher kommt aus dem britischen Staatsfonds wenig Geld für diese Spezialausgaben. Das British Museum ist gezwungen, sich nach anderen Geldgebern umzuschauen. Noch im Sommer hiess es, man wolle sich von BP abwenden. Nun kam man aber auf BP zurück, weil es offenbar anders nicht geht.
Die finanzielle Lage des British Museum ist also so prekär, dass es nicht auf das Sponsoring von BP verzichten kann?
Leider ja. Das jährliche Budget des British Museum beträgt gut 100 Millionen Pfund. Rund die Hälfte davon stammt aus öffentlichen Geldern. Die andere Hälfte muss das British Museum aber jedes Jahr selbst eintreiben. Es hat zudem ein finanzielles Handicap, weil es für die Sammlungseintritte kein Geld verlangen darf, sondern nur für Spezialausstellungen.
Wie sieht die finanzielle Situation im Vergleich aus?
Eine Besucherin oder ein Besucher bezahlt im Schnitt umgerechnet dreieinhalb Franken für einen Besuch. In manchen Institutionen sieht das ganz anders aus: Der Louvre beispielsweise verdient pro Besucherin oder Besucher dreimal so viel. Daher müssen sich die Museumsbetreibenden viel stärker anstrengen, um ihre Einnahmen zu generieren. Sie sind also auf Sponsoring angewiesen und müssen dann auch mit Sponsoren zusammenarbeiten, die in einem breiten Publikum nicht allen gefallen.
Der öffentliche Druck ist gross. Wie stehen die Chancen, dass das Museum ihm nachgibt?
Ich würde diese Chancen als gering einschätzen, denn es ist durchgesickert, dass dieser Entscheid im Stiftungsrat einstimmig gefällt worden sei. Eine Stiftungsrätin hat sich offenbar enthalten und ist inzwischen aus dem Stiftungsrat zurückgetreten. Aus persönlichen Gründen, wie sie sagt, nicht wegen dieses Entscheides.
Ob das tatsächlich der Realität entspricht, ist schwer zu sagen. Aber aus der heutigen Sicht würde ich meinen, dass das British Museum mit der BP weitermachen und nicht so schnell auf diesen Entscheid zurückkommen wird.
Das Gespräch führte Bodo Frick.