Was ist passiert? Die ETH hat neue Sicherheitsmassnahmen für Bewerbungen eingeführt. Grund dafür seien unter anderem zunehmende internationale Spannungen sowie Kriegsausbrüche, wie die Hochschule auf ihrer Website die Entscheidung begründete. Mit der Sicherheitsprüfung wolle die ETH Spionage verhindern.
Was hat Spionage mit der Hochschule zu tun? «Viele Technologien, zu denen an der ETH geforscht und gelehrt wird, lassen sich militärisch nutzen, sei dies in der Robotik, Werkstofftechnik, Nanotechnologie oder Raumfahrt. Solchen Missbrauch für militärische und somit illegale Zwecke will die ETH verhindern», erklärt SRF-Redaktorin Irène Dietschi. Der Bundenachrichtendienst gab kürzlich bekannt, dass Hochschulen zunehmend im Visier ausländischer Geheimdienste stehen, welche die neusten Forschungsergebnisse ausspionieren wollen.
Wer ist von den neuen Massnahmen betroffen? Die Neuerung bezieht sich auf Master- und Doktorandenbewerbungen aus dem Ausland. Insgesamt sind 23 Länder betroffen. Es sind Länder, die durch den Sicherheitsrat der UNO mit Sanktionen belegt worden sind, die die Schweiz als UNO-Mitgliedstaat übernommen hat. Diese Sanktionen muss die ETH bei der Zulassung internationaler Studierender berücksichtigen, sonst verstösst sie möglicherweise gegen gesetzliche Bestimmungen. Der Sicherheitsprüfung werden auch solche Personen unterzogen, die aus Staaten stammen, welche von der Schweiz bezüglich Proliferation als Risikoländer eingestuft werden, genauso wie Personen aus Ländern, die von den USA oder der EU sanktioniert werden. Diejenigen, die bereits an der ETH tätig sind, seien allerdings nicht betroffen.
Nach welchen Kriterien erfolgt die Prüfung? «Die ETH betont, es gebe keine Automatismen, sie überprüfe jede Bewerbung aus dem Ausland einzeln, nach bestimmten Kriterien. Zum Beispiel: Woher ist die Person, die sich für ein Master-Studium oder ein Doktorat bewirbt? Hat sie das Grundstudium an einer Uni absolviert, die mit Sanktionen belegt sind? Auch die Finanzierung wird überprüft», so Irène Dietschi. Als kritisch gelte zum Beispiel, wenn eine Bewerberin oder ein Bewerber ein Stipendium aus einer bedenklichen Quelle vorweist, etwa einer militärischen Forschungseinrichtung. Wenn mehrere solcher Kriterien erfüllt sind, lehnt die ETH eine Bewerbung in der Regel ab. Für chinesische Studierende würden in vielen Fällen mindestens zwei der Kriterien gelten, somit sei ihr Risiko einer Ablehnung besonders gross.
Wie sind die Reaktionen? Auf Plakaten sowie auf der Plattform Reddit wird die ETH beschuldigt, chinesische Studierende aufgrund ihrer Herkunft zu diskriminieren. Gegenüber dem Tagesanzeiger zeigt sich die chinesische Botschaft in Bern «schockiert» und hofft auf eine Korrektur der «falschen Praktiken». Auf Nachfrage des Tagesanzeigers heisst es vonseiten der Hochschule, dass die Vorwürfe unangebracht seien, niemand würde aufgrund seiner Herkunft vom Studium an der ETH ausgeschlossen werden.