Die ETH Zürich bleibt die beste Hochschule in Kontinentaleuropa. Das zeigt die neueste Rangliste des Fachmagazins Times Higher Education. Wie letztes Jahr landet die ETH auf Platz elf. Alle besser platzierten Schulen sind entweder in den USA oder in Grossbritannien beheimatet. ETH-Ratspräsident Michael Hengartner freut sich über die gute Platzierung, sagt aber auch: Universitäten sind praktisch unmöglich zu vergleichen.
SRF News: Universitätsrankings werden häufig kritisiert. Es heisst, sie seien mitunter willkürlich und wenig aussagekräftig. Freuen Sie sich da vor allem über Ruhm und Ehre?
Michael Hengartner: Die Platzierung freut mich, absolut. Aber es ist schwierig, wenn nicht unmöglich, komplexe Institutionen wie Universitäten auf eine Zahl zu reduzieren. Sie sind dazu viel zu vielfältig in ihrer Form, in ihren Aufgaben, in ihrer Natur. Es wäre ein bisschen, wie wenn sie die Tiere in einem Ökosystem vergleichen und mit Zahlen versehen würden. Wäre die Maus dann weniger gut als der Elefant, weil sie kleiner ist?
Unter anderem übt auch die Universität Zürich Kritik an diesen Rankings. Sie hat deshalb entschieden, gar nicht mehr mitzumachen. Die ETH bleibt aber dabei. Warum?
Uns interessiert weniger die Zahl, als die Entwicklung dieser Zahl. Wo waren wir letztes Jahr? Wo sind wir dieses Jahr? Hat sich das bewegt? Wenn ja, warum? Was hat sich geändert? Verstehen wir das? Sind wir komfortabel mit dem, oder ist das ein Zeichen, dass wir irgendwo neu schrauben müssten? Als Indikatoren über die Länge für eine einzelne Universität mit sich selbst verglichen, kann es nützlich sein. Aber A mit B zu vergleichen, ist einfach eine Herausforderung. Eine Zumutung schon fast.
Wenn die Uni in den Rankings aufsteigen möchte, müsste sie entweder internationales Recht oder amerikanisches Recht unterrichten.
Trotzdem: Die Universität Zürich macht nicht mit. Haben Sie Verständnis dafür, dass die sagt, das ist uns alles zu kompliziert, zu ungenau, zu willkürlich?
Ich verstehe den Frust. Ich war ja mal Rektor dieser Universität und gebe Ihnen ein Beispiel: Die Universität Zürich unterrichtet Schweizer Recht. Wenn die Uni in den Rankings aufsteigen möchte, müsste sie entweder internationales Recht oder amerikanisches Recht unterrichten. Oder noch drastischer: Die Fakultät schliessen und Physiker anheuern. Denn die Gesetze der Physik sind überall gleich. Das ist aber nicht der Zweck der Uni Zürich. Die Uni Zürich ist hier, um die Juristinnen und Juristen von morgen für die Schweiz auszubilden. Und daher wird sie nie eine Top-Ranking-Position in diesem Sinne erhalten können.
Auch wenn Sie sich kritisch äussern zu diesen Rankings – oder jetzt auch zu diesem speziellen Ranking – sie verleihen Strahlkraft. Das nützt Ihnen doch?
Wenn die Zahlen gut sind oder steigen, dann sind die Hochschulen alle immer sehr glücklich darüber. Wenn sie sinken, werden sie schlecht geredet. Das ist menschliche Natur.
Wir sind stolz, dass wir trotz dieser Rahmenbedingungen die Nummer 11 sind.
Es ist aber bewundernswert, dass die ETH so weit oben ist. Sie müssen bedenken: Wir sind eine öffentliche Hochschule, wir heissen jede Maturandin, jeden Maturanden willkommen. Wir selektionieren nicht. Das heisst: Wir haben viel mehr Studierende pro Professor als zum Beispiel eine Harvard University. Das schadet uns in den Rankings. Und trotzdem möchten wir nicht selektionieren. Das Schweizer System ist gut so! Wir sind daher besonders stolz, dass wir trotz dieser Rahmenbedingungen Nummer elf sind. Die Schweizerinnen und Schweizer dürfen absolut stolz sein auf ihre ETH.
Das Gespräch führte Raphael Günther.