Ob Hannah Höch, Paula Rego oder Marina Abramović: der gegenwärtige Boom, den Künstlerinnen und ihre Werke erleben, ist atemberaubend. Und doch eigentlich nicht aussergewöhnlich.
Bereits vor 500 Jahren gab es enorm erfolgreiche Künstlerinnen. Etwa Sofonisba Anguissola oder Maria van Oosterwijck. Die italienische Renaissance-Malerin und die niederländische Barockkünstlerin waren die Künstlerstars ihrer Zeit.
Ausnahmefall: Künstlerin
Ihre und die Werke von 16 weiteren Künstlerinnen aus dem 16. bis ins 18. Jahrhundert zeigt die Ausstellung «Geniale Frauen» im Kunstmuseum Basel. Sie waren alle Ausnahmefälle. Ihre Karrieren klingen teils ganz modern. Da ist beispielsweise Anna Dorothea Therbusch, die sich mit 40 Jahren «umorientiert» und als Künstlerin durchstartet.
1767 wird Therbusch von der Académie royale in Paris aufgenommen – mehr geht nicht. Als Malerin porträtierte sie ganz Berlin.
Unglaublich erfolgreich ist auch die Stillebenmalerin Rachel Ruysch, die in Amsterdam Familie und Job unter einen Hut bringt.
Maria Katharina Prestel, eine erfolgreiche Kupferstecherin aus Nürnberg, verlässt ihren Mann und macht in London Karriere. Und das 1786!
Diese Lebensläufe illustrieren, welche unterschiedlichen Schlupflöcher sich für Künstlerinnen je nach Land boten.
Nicht vorgesehene Karrieren
Kuratorin Katrin Dyballa hat die Ausstellung für das «Bucerius Kunst Forum» in Hamburg entwickelt. Sie weist darauf hin, dass Künstlerinnen zum Beispiel in Deutschland keinen Zutritt zu den Malergilden hatten, in den Niederlanden aber schon. Für manche Künstlerin war die Förderung durch europäische Höfe wichtig. In Italien waren Frauen früh zu den wichtigen Akademien zugelassen, wie etwa die berühmte Barock-Malerin Artemisia Gentileschi.
Die unterschiedlichen Schlupflöcher in unterschiedlichen Ländern und Epochen führen zu unterschiedlichen Karrieren. Der Katalog der Ausstellung präsentiert dazu viel neue Forschung.
Gemeinsam ist den Künstlerinnen der frühen Neuzeit, dass sie meistens in Künstlerfamilien hineingeboren wurden oder einheirateten. Darum zeigt die Ausstellung neben den Werken der Frauen auch Bilder ihrer Väter, Brüder oder Ehemänner als Kontext.
Neben ihrer Herkunft teilen die Künstlerinnen eine weitere Gemeinsamkeit: Die Kunstgeschichte – durchwegs von Männern geschrieben – hat sie konsequent ignoriert. Auch wenn die Künstlerinnen am Markt erfolgreich waren, teils erfolgreicher als ihre männlichen Zeitgenossen. Es gibt also einiges zu sehen und vieles zu entdecken in dieser Ausstellung.