In der Schweiz wird die Rückgabe von Benin-Bronzen noch diskutiert. Im Nachbarland ist man bereits weiter: Nach jahrelangem Tauziehen gab Deutschland Ende letztes Jahres 20 wertvolle Benin-Bronzen an Nigeria zurück.
Jetzt sorgt eine Meldung aus Nigeria für Aufruhr: Der nigerianische Staatspräsident Muhammadu Buhari hat die Eigentumsrechte für die Bronzen an den König Oba übertragen.
Eine Ausstellung im privaten Königspalast statt im öffentlich zugänglichen Museum? Die neue Wendung sorgte in Deutschland für Debattenstoff. Ein Skandal, finden die einen. Nigeria dürfe mit den eigenen Bronzen anstellen, was es wolle, argumentieren die anderen.
Der Oba redet mit
Der Oba herrschte als König über das Reich von Benin, das im heutigen Südwesten von Nigeria liegt. Der amtierende Oba, Ewuare II., kämpft seit seiner Krönung vor sieben Jahren für die Rückführung der Bronzen nach Nigeria. So verkündete der nigerianische Präsident bereits am 23. März, dass die rückgeführten Artefakte an den Oba gingen, den ursprünglichen Eigentümer und Bewahrer der Kultur von Benin.
Zukünftig werden die Stücke also im Palast oder an anderen Orten in Benin City aufbewahrt. Die Bronzen dürfen nur noch mit Genehmigung des Oba etwa als Leihgaben herausgegeben werden.
Ein nachvollziehbarer Entscheid
Der Historiker und Afrika-Wissenschaftler Jürgen Zimmerer hat für die Rückgabe an den Oba Verständnis. Schliesslich gebe es in Kontexten kolonialer Gewalt immer das Problem, dass die Betroffenen heute gar nicht mehr als souveräne Staaten existieren. «In diesem Fall ist das Königreich in den Bundesstaat Nigeria aufgegangen.»
So stand von Anfang an die Forderung im Raum, den Oba miteinzubeziehen. «Jetzt hat Nigeria entschieden, ihn nicht nur einzubeziehen, sondern ihm das letzte Wort zuzugestehen. Ich halte das für eine sehr nachvollziehbare und richtige Entscheidung.»
Wer darf mitreden?
Es tut sich aber auch die Frage auf, ob Deutschland oder andere europäische Länder, die Kunst restituieren, überhaupt mitreden sollten, bei wem die Bronzen am Ende ankommen. «Der Ausgangspunkt ist, dass wir anerkennen, dass diese Benin-Objekte widerrechtlich in Europa und in unseren Museen sind», sagt Zimmerer.
Man will kein Raubgut gegen den Willen der Beraubten ausstellen. Also gibt man sie zurück. Doch dort höre der Einfluss des Raub-Nutzniessers bereits auf. «Es wäre eine koloniale Geste und eine Fortschreibung des kolonialen Habitus, zu bestimmen, was die Bestohlenen bei der Rückgabe damit machen müssen.»
Ausstellung noch offen
Ob diese Benin-Bronzen nun tatsächlich fern von Nigerias Öffentlichkeit ausgestellt werden, bezweifelt der Historiker. Ähnlich wie in Grossbritannien sei es auch in Nigeria gut vorstellbar, dass die Werke dennoch fürs Volk zu sehen sind – ob im Museum oder im Palast.
Der Historiker kann der aktuellen Empörung um die Rückgabe an den Oba nichts abgewinnen. «Diese Aufregung dient dazu, die Restitution von kolonialem Raubgut zu unterminieren, zu attackieren und quasi in Misskredit zu bringen.»