SRF: Matthias Frehner, müssen Sie nun anbauen?
Das kann ich Ihnen nicht sagen. Niemand weiss, was sich in dieser Sammlung effektiv befindet. Alle haben davon gesprochen, sie war ein Thema auf der ganzen Welt. Wir werden jetzt mal sehen, was da wirklich drin ist, ob es wirklich Gruppen von klassischer Moderne von erster Qualität gibt. Es wäre natürlich super, wenn wir dazu anbauen müssten.
Ist es einfach nur grossartig, oder ist es auch eine Last?
Wir sind als Alleinerben eingesetzt, wir werden uns auch mit den offenen Fragen der problematischen Provenienzen befassen müssen. Sehr wichtig finde ich, dass der Sammler selber Recherchen in Auftrag gegeben hat vor seinem Tod. Dass Spezialisten jetzt damit beschäftigt sind, diese Provenienzen abzuklären, damit allenfalls Restitutionsansprüche rasch und ethisch korrekt abgegolten werden können. Dafür werden wir uns sehr stark einsetzen.
Sie selber sind Experte auf dem Gebiet, Sie sind Raubkunstexperte, Provenienzforscher. Wie stehen sie selbst zu dieser umstrittenen Sammlung?
Jede Sammlung ist wieder etwas anderes, andere Umstände sind mit im Spiel. In dieser Sammlung gibt es viele Bilder der «entarteten» Kunst. Die sind unproblematisch, die können wir übernehmen. Es gibt Werke, deren Provenienz gesichert ist, die man nachweisen kann. Die anderen Fälle müssen wir aufarbeiten. Da gibt es heute die wissenschaftlichen Methoden und auch das Know-How, damit man das speditiv erledigen kann.
Was denken Sie, warum hat Cornelius Gurlitt ausgerechnet Ihr Haus, das Kunstmuseum Bern, ausgewählt?
Ja, das ist die grosse Frage, die mich auch umtreibt, seit ich das weiss. Es gab keine persönlichen Kontakte von mir oder irgendjemandem in meinem Team zu ihm. Ich kann nur mutmassen – wir hatten vor vier Jahren eine sehr erfolgreiche Ausstellung unserer Schweizer Kunstsammlung in der Hypo-Kunsthalle München. Vielleicht hat er diese Ausstellung gesehen und sie hat ihn begeistert. Das mögen Gründe sein. Aber wie gesagt: Wir wissen es nicht.
Matthias Frehner, seien wir ehrlich: Trotz aller Fragen, die sich jetzt auftun, ist es auch einfach eine grossartige Sache für Sie.
Natürlich ist es eine grossartige Sache. Und alle Neider werden sagen: «Ja, der handelt sich Probleme ein». Aber es wird ein Kernbestandteil bleiben, der bedeutend ist. Man kann sich dafür einsetzen, dass Gerechtigkeit passiert. Und das sind doch Dinge, die ich als restlos positive Sachen einstufen muss.