Wer schon mal eine Ausstellung von Augustin Rebetez gesehen hat, weiss: Der 38-Jährige mag es wild, laut und düster. Er liebt es, Räume zu gestalten, verschiedene Stimmungen zu kreieren. In den meisten Ausstellungsräumen ein recht mühsames Unterfangen, denn am Ende der Ausstellung muss alles wieder zurückgebaut werden.
Die «Maison Totale» ist nicht irgendein Haus: Am Waldrand gelegen, ist das Haus bereits von aussen ein wenig wunderlich. Zuletzt lebte ein älteres Paar darin. Der Mann war ein grosser Sammler von Werkzeugen und Geräten aller Art, ein Hobby-Brocanteur, der sich in dem Haus eine Art Museum einrichtete. Davon zeugen noch Vitrinen, die der Vorbesitzer eingebaut hat.
Willkommen im freundlichen Gruselkabinett
Für Augustin Rebetez war dieses Haus ein Glücksfund. Der Musiker und Autor wusste sofort, hier musste er ein Museum einrichten. «Die Basis war bereits da», sagt er. Er meint damit die eigenwillige Struktur der Räume. Über Jahrzehnte wurde das Haus immer wieder ohne richtigen Plan – und oft auch ohne Baubewilligung – erweitert. Rebetez hat dieses Labyrinth aus Zimmern, Fluren, Abstellkammern und Lagerräumen in einen Kunst-Parcours zwischen Schönem und Schaurigem, Punk und Poesie verwandelt.
Von der Decke bis zum Fussboden: alles ist bemalt, gestaltet. Überall hängen, stehen, liegen Bilder, Videoscreens, kleinere oder grössere Objekte. Es gibt monströs mutierte Katzenbilder, eine zauberhafte Miniaturstadt aus Papiermaché. Eine Art Walk-In Geisterbahn mit viel Geknatter und Geknalle sowie unheimlichen Figuren, die sich bewegen – in grossen Vitrinen.
Er liebe den Charme alter Museen mit ihren leicht angestaubten Vitrinen, sagt er. Seine «Maison Totale» ist auch eine Hommage an diese Art von Museen, die noch den Anspruch hatten, ein Stück Wirklichkeit hinter Glas zu bannen. Die «Maison Totale» hingegen ist eher eine Art Gegenwelt zur Realität, ein freundliches Gruselkabinett.
Eine unchristliche Kapelle im Garten
Drei Jahre hat Rebetez mit seinem Team an der «Maison Totale» gearbeitet, das Atelier und Wohnhaus zugleich ist. Und das in Zukunft auch ein Ort für Konzerte und Lesungen sein soll. Es gibt bereits eine Bühne und eine Bar, die den Innenraum mit dem Aussenraum verbindet.
Draussen hat Rebetez einen Skulpturengarten eingerichtet: mit Vogelfiguren, Totem-artigen Gebilden und begehbaren Köpfen. Aber auch mit einer Aussichtsplattform hoch in den Bäumen. Und einer kleinen Kapelle: ein Ruheort, der allerdings nicht viel mit christlichen Kirchen gemein hat.
Die Kapelle ist aus gebrauchtem Holz erbaut. In den Fenstern Blechplatten, aus denen Stern- und Vogelmotive ausgeschnitten sind. Augustin Rebetez verweist auf das zarte Spiel des Lichts, das durch das Fenster dringt und einen flimmernden Stern auf den Boden zaubert. Das sei doch schön, erklärt er. In den Ecken der Kapelle kauern groteske, kleine Figuren. Wie die Wasserspeier an gotischen Kathedralen.
Die «Maison Totale» und ihr Garten bilden eine verwunschene Welt zwischen Märchen und Albtraum. Und doch ganz nah an der realen Welt, mit Bahnhöfen und Bushaltestellen.