Italien, so heisst es, bietet seinen Besuchern so viel bedeutende Kunst und Archäologie wie kein anderes Land. Auch im Mittelmeer vor Italiens Küsten gibt es sehr viel zu sehen.
Die Bucht von Baia bei Neapel zum Beispiel. Hier besassen die VIPs des römischen Kaiserreichs ihre Ferienvillen – riesengross und prunkvoll dekoriert, mit hauseigenen Theatern, Thermen und Privathäfen. An Land faszinieren die Reste dieser Bauten, aber die schönsten antiken Fundorte liegen im Wasser. Genauer: unter dem Wasser, nur wenige Meter tief vor der Küste auf dem Meeresgrund.
In Folge des sogenannten Bradyseismos, also dem geologischen Absinken des Erdbodens in einem vulkanologisch aktiven Gebiet, versanken in den vergangenen Jahrhunderten zahllose der grandiosen Ruinen im Meer. So langsam, dass viele Gebäudeteile, Mosaiken und Skulpturen erstaunlich gut erhalten geblieben sind.
Unterwasser-Management wird benötigt
Der archäologische Unterwasserpark von Baia ist der wohl spektakulärste Unterwasser-Fundort im italienischen Meer. Doch es gibt noch rund 1’200 andere Orte mit Unterwasserschätzen. Um diese kümmern sich die Altertumsbehörden aller italienischen Regionen. Ihre Arbeit läuft jetzt im apulischen Taranto zusammen: Dort hat Italiens Unterwasser-Altertumsbehörde nun endlich ihren offiziellen Sitz gefunden.
Geleitet wird diese Behörde von der Archäologin Francesca Romana Paolillo. Sie hat alle Hände voll zu tun, die vielen Forschungs- und Restaurierungsarbeiten unter Wasser zu kontrollieren, zu koordinieren und für deren Finanzierung zu sorgen.
Nicht weit von Paolillos Behörde entfernt liegt ein kurioser Schatz vor der Küste im Meer: Dort ging in der Antike ein altrömisches Frachtschiff unter und zahllose ägyptische Sarkophage landeten auf dem Meeresgrund: schlichte Sarkophage, die man nach Italien transportieren wollte, um sie dort von Bildhauern kunstvoll behauen zu lassen.
Diebstahl und Verschmutzung
Die Superintendentin der Unterwasser-Altertumsbehörde in Taranto hat viel zu tun: Antike Ruinen im Meer müssen vermessen, Mosaiken gereinigt und immer wieder Sand und Pflanzen beseitigt werden, um an die antiken Strukturen zu gelangen und sie vor Schäden zu bewahren. Und das vor sämtlichen italienischen Küsten.
Wie an Land gibt es auch im Wasser Kunstdiebstahl. Francesca Romana Paolillo zuckt mit den Schultern. Gegen dieses Übel, sagt sie, könne man nicht viel unternehmen. Zudem plündern Hobbytaucher gern Unterwassermosaiken oder bringen heimlich antike Amphoren an Land, die sich gut verkaufen lassen.
Auch die Wasserverschmutzung setze den antiken Ruinen im Meer zu. Vor allem ins Meer geleitete Chemikalien schädigen den antiken Marmor.
Virtuelle Wiederauferstehung
Kann man Italiens Unterwasser-Ruinen dennoch besichtigen? Klar, mit organisierten Bootstouren ohne Sprung ins kalte Nass – oder geführten Tauchertouren. Die Archäologen der neuen Unterwasserbehörde rekonstruieren ausserdem antike Gebäude und präsentieren sie online. Wie die prächtigen Bauten einmal ausgesehen haben, kann man in einem speziellen Online-Museum bewundern, dem Museo della Archeologia Subaquea.