«Das Museum ist eine Institution, die sozial relevant sein sollte», sagt die Judaistin und Kuratorin Felicitas Heimann-Jelinek in einer Szene. Es ist eine zentrale Botschaft des Films, die hier ganz schlicht serviert wird. Ein Museum soll die Menschen dazu bringen, über sich und ihre Gesellschaft nachzudenken und nicht nur schöne Bilder zeigen.
Der Regisseur Peter Reichenbach und die Drehbuchautorin Sibylle Cazajus haben sich diesen Satz der Kuratorin offenkundig zu Herzen genommen. «Durchs Höllentor ins Paradies» zeichnet die Geschichte des Kunsthauses Zürich von der Eröffnung 1910 bis in die Gegenwart nach.
Der Film skizziert die Entwicklung der Sammlung und wirft Schlaglichter auf wichtige Ausstellungen. «Durchs Höllentor ins Paradies» will aber auch aktuelle Diskussionen und Debatten aufgreifen, etwa um fehlende Künstlerinnen in der Sammlung und die Sammlung des Waffenhändlers Emil Bührle.
Kamerafahrten von kühler Schönheit
Der Film wirkt zweigeteilt. In der ersten, «historisch» wirkenden Hälfte führen Kamerafahrten durch das «Schatzhaus, das auch dem Volke offen ist», wie es der Architekturjournalist Benedikt Loderer nennt. Die Aufnahmen feiern die kühle Schönheit der Säle und Hallen und zeigen manches Detail, das man beim Ausstellungsbesuch leicht übersieht.
Man erfährt, wie die Munchs und Giacomettis ins Kunsthaus kamen und lernt, dass in den 1920er-Jahren Maskenbälle veranstaltet wurden, um neue Förderer für das Kunsthaus zu gewinnen.
Interessant ist auch, welche wichtigen Ausstellungen im Kunsthaus gezeigt wurden: Pablo Picassos erste Museumsausstellung 1932, später dann Germaine Richier, Marc Chagall und Andy Warhol. Sichtbar wird auch, wie das Kunsthaus immer weiter wuchs. Anbau um Anbau.
Kritische Fragen, kluge Einschätzungen
1958 kam der Emil-Bührle-Anbau. In Zürich sorgte dieser – damals hochmoderne Erweiterungsbau – von Anfang an für Kontroversen. Im Film sorgt er für eine Zäsur.
Denn mit Bührle rücken auf einmal ethische und gesellschaftspolitische Fragen ins Zentrum: wie umgehen mit der Sammlung eines Waffenhändlers? Wie mit der Tatsache, dass Bührle zeitweilig der grösste Arbeitgeber in Zürich war?
Mit den Kanonen, die Bührle verkaufte, füllte er auch die Kassen der Steuerbehörden. Sein Erfolg ist Teil des Schweizer Wohlstands.
Der Film stellt kritische Fragen und liefert Einschätzungen zum Umgang mit der Sammlung Bührle. Dabei bindet er auch eine Selbsteinschätzung Bührles mit ein. Der Waffenhändler selbst sah sich als Verwandten der Kunstschaffenden, als einen, der nicht mit dem Pinsel, sondern mit der Realität arbeitet.
Unkommentierte Ungeheuerlichkeiten
Es gehört zu den Stärken des Films, dass er nicht alles kommentiert und erklärt. Dass er kluge und weniger kluge Aussagen, naive und ungeheuerliche auch mal für sich stehen lässt.
Noch stärker wäre der Film allerdings, wenn er bei den Blicken in die eleganten Säle des Karl-Moser-Baus etwas gespart hätte, um dort länger verweilen zu können, wo es richtig spannend wird: bei den Fragen nach der Verantwortung von Museen, aber auch nach ihrer Zukunft.
Filmstart: «Durchs Höllentor ins Paradies» läuft ab 20.04. im Kino.