Zanele Muholi fotografiert am liebsten schwarz-weiss. Die Bilder, die dabei entstehen, sind alles andere als grau: Es sind facettenreiche und lebendige Einblicke in die Community queerer, nicht-binärer, homosexueller «People of Colour» in Südafrika.
In einer Serie von Selbstporträts steckt sich Muholi Wäscheklammern, Sicherheitsnadeln oder Putzschwämme ins Haar: Accessoires, die darauf verweisen, dass People of Colour lange als Dienstboten für Weisse arbeiten mussten. Auf anderen Bildern posiert Zanele Muholi mit Turban, Federn oder Grubenarbeiterhelm.
Hingucker an der Venedig Biennale 2019
Mit diesen Fotos antwortet Zanele Muholi auf die üblichen Klischeedarstellungen von Menschen aus Afrika als Arbeiterinnen, Haushaltsgehilfen, Exotinnen. Mehr noch: Muholi stellt den Klischeebildern eigene, neue Bilder entgegen. Kreativ, anspielungsreich und selbstbewusst.
Die Serie «Somnyama Ngonyama», von Zulu ins Deutsche übersetzt «Gepriesen sei die dunkle Löwin», sorgte 2019 an der Venedig Biennale für Aufsehen. Nun zeigt das Kunstmuseum Luzern in seiner Sommerausstellung verschiedene Bild-Serien von Muholi. Möglich wurde die Ausstellung durch die Zusammenarbeit mit der Tate Modern in London.
Intim, zärtlich, selbstbewusst
Zanele Muholi arbeitet an verschiedenen Langzeit-Serien, etwa der Porträtserie «Faces and Phases», also Gesichter und Zeitabschnitt. Hierfür posieren die Menschen aus der grossen südafrikanischen LGBTQIA+-Community vor der Kamera.
Die Porträtierten werden immer wieder fotografiert, in verschiedenen Zeit- und Lebensabschnitten. Daneben gibt es reportagehafte Serien, die von der Intimität und Zärtlichkeit queerer Paare erzählen. Oder von Lebensfreude und Selbstbewusstsein bei «Miss Gay»-Wahlen. Aber auch Opfer von Angriffen auf LGBTQIA+-Menschen.
Queerness gilt als mentales Importgut
«Nach Ende des Apartheidregimes in den 1990er-Jahren hatte Südafrika eigentlich eine der progressivsten Verfassungen weltweit», sagt Fanni Fetzer, Direktorin des Kunstmuseum Luzern. In der Verfassung heisst es, dass niemand aufgrund sexueller Orientierung, Glaube oder politischer Meinung diskriminiert werden darf.
Doch, so Fanni Fetzer: «Tatsächlich sind homosexuelle, transsexuelle und nicht-binäre Menschen ziemlich starker Diskriminierung ausgesetzt, weil es den Mythos gibt, Homosexualität, Diversität und Queerness seien ein Importgut der Weissen, eine Kopie westlichen Lebensstils.»
Starke Kontraste für ein starkes Selbstbewusstsein
Zanele Muholi selbst versteht sich als nicht-binäre Person und als «visuelle:r Aktivist:in» und will der LGBTQIA+-Community Südafrikas zu einer positiven Sichtbarkeit verhelfen. So stark wie Muholis Engagement ist auch der künstlerische Ausdruck der Bilder.
Bevorzugt arbeitet Muholi mit Schwarz-Weis-Fotografie. «Schwarz-Weiss-Fotografie ist meine grosse Liebe», sagt Muholi. Die Bilder wirkten zeitlos und trotzdem gegenwärtig. Sie erzählen vom Jetzt, beziehen aber auch all jene Menschen mit ein, die sich in der Vergangenheit für queere Interessen stark gemacht haben.
Zudem setzt Zanele Muholi in den Aufnahmen gern auf starke Kontraste. Das führt dazu, dass die dunkle Hautfarbe noch dunkler, ja tiefschwarz wirkt. Muholi holt sich damit das «Schwarzsein» zurück: «Wir können nicht warten, bis jemand anders uns unseren Wert zuspricht. Das müssen wir selbst tun.»